1. Advent 2020
Himmelhoch – so nennt der Künstler diese Krippe.
Aufgebaut schon am 1. Advent?
Ist es überhaupt eine Krippe?
Sind es nicht Holzkugeln, unterschiedliche, gedrechselt, bearbeitet?
Ist es das, was DU siehst?
Tatsächlich haben wir darüber diskutiert, was zu Beginn stehen soll,
vielleicht nur der Untergrund, eine runde Platte,
hart, als wäre sie aus Beton.
Unsere Wirklichkeit ist ja oft steinhart, mitunter sind wir selbst Betonköpfe…
Aber seltsam, beim Aufbau dieser Platte, ein Sonnentag,
fiel das Licht der Fenster auf diese Platte, und sie wirkte grünlich,
teilweise sogar gelb, fast als wolle sie erblühen.
Unsere Wirklichkeit ist immer anders,
je nachdem, welch ein Licht, welch ein Blick darauf fällt.
Dann war die Überlegung, wo es doch vier Viertel sind,
die diese Platte bilden, jeweils ein Viertel zu bespielen,
mit einer Kugel zu beginnen und immer weiter zu ergänzen.
Schließlich zählen wir ja alljährlich vier Sonntage im Advent.
Der Künstler und Erbauer wollte den Aufbau ganz, so wie er da steht,
denn es verändert sich noch genug auf Weihnachten hin
je mehr Licht hinzukommt.
Und irgendwie kann ich dem Gedanken viel abgewinnen.
Es ist ja alles schon da: die Menschen, denen Gott begegnen will,
die Erde, die aufbrechen soll,
ausschlagen, wie wir in einem Adventslied singen.
Gott knüpft an dem an, was ist.
Unsere Wirklichkeit wird zur Bühne Seines Auftretens.
Sein Licht verändert alles. Das Ferne rückt nahe.
Die Offenheit der Darstellung lässt uns nicht bloß Zuschauende sein.
Wir können herum gehen, die Szene sogar betreten,
uns auf einer Kugel niederlassen oder bei ihr verweilen.
Wir sehen uns hinein.
Das Auge ruht auf den unterschiedlichen Hölzern von Nussbaum, Apfel, Birke, Eiche, Birne, Kirsche, Teak, Linde, Esche und Kastanie;
alles Holz und doch so vielfältig
das Auge sieht die Maserungen und Risse,
sieht sich selbst darin oder biblische Figuren.
Wir sehen uns hinein.
Ein mehrdeutiges Wort, es kann bedeuten: ich vertiefe mich, bleibe am Ball,
oder: ich stehe auf einmal selbst da, bin Teil des Geschehens,
sehe mich in alldem.
Bedeutet das Fest, auf das wir uns wieder vorbereiten, nicht vor allem:
Gott sieht sich in unsere Welt hinein?
Wir reiben uns die Augen und müssen genau hinschauen,
brauchen Deutungen, Hinweise, Engelsworte,
weil unser Blick oft gefangen ist in dem, was wir sehen.
Wir sehen Menschen – und selten Christus darin.
Diesen göttlichen Blick, der in der Zeit schon die Ewigkeit beginnen sieht,
im Dunkel das Licht aufgehen, im Tod das Leben
und im Menschen Gott selbst die Augen aufschlagen sieht,
diesen göttlichen Blick: ja, was ist mit ihm?
Kann man den lernen? Schulen? Sich schenken lassen?
Vielleicht irgendwie dazwischen.
Der Anfang vermutlich ist, nicht wegzusehen.
Das ist doch die Quintessenz aller biblischen Geschichten:
Gott sieht nicht weg. Im Gegenteil: Sein Auge sucht auf.
Adam: wo bist du?
Wir müssen uns nicht verstecken, dürfen uns finden lassen.
Denn was sind wir sonst als Gefundene, Erfundene,
wir glauben: von Gott Erfundene.
Sein Auge weicht nicht von uns ab, wir müssen s nur sehen.
Und das ahnen wir, dass sich unser Leben völlig und von Grund auf ändert,
je nachdem, ob wir uns von Gott gesehen,
angesehen, wahrgenommen glauben oder nicht.
Ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Wer glaubt, sieht mehr als die Wirklichkeit vorgibt –
und doch ist in ihr alles enthalten.
Danke für diese Gedanken.
„Gott sieht in unsere Welt hinein.“ Wenn ich Weihnachten so betrachte, dann ändert Corona nichts am Weihnachtsfest. Gott kommt und sieht. Ob wir rennen, lachen, weinen, kaufen, singen, springen, stolpern, Gott ist ein Gott, der mich anschaut, wahrnimmt. Es ist gut. Ich bemühe mich, auch diesen Advent zu leben. Ein Lied begleitet mich: „ Kündet allen in der Not, fasset Mut und habt Vertrauen“
Diese fremdartige Krippe ermuntert mich, genau hinzuschauen und Advent mit neuen Augen zu sehen.