1. Fastensonntag B 2021 Mk 1,12-15
Wilde Tiere und Engel – das kriegt man kaum zusammen.
Unbändig und ungezähmt, roh und reißend, unmenschlich
auf der einen Seite und
behütet, getragen, begleitet, gewiesen auf der anderen Seite.
Ein Leben voller Widersprüche: dunklen und hellen Mächten ausgesetzt.
Die Geschichte der Versuchungen treibt es auf die Spitze mit Satan,
dessen Name „Gegner“ bedeutet,
der, der sich widersetzt oder sich entgegenstellt, der Widersacher.

Jesus ist in der Wüste, in den Versuchungen hin und her gerissen.
Was wir ins Äußere verlegt hören mit Engeln und wilden Tieren,
spielt sich vor allem im Inneren ab.
Wenn unser Leben mit unterschiedlichen
sich widersprechenden Aussagen konfrontiert wird,
wird uns schwindelig.
Wir erleben das auf eigene Weise in dieser Pandemie Zeit,
wo wir heute dies hören und morgen das,
wo der eine diese Aussage trifft und die andere eine fast entgegengesetzte.

Wenn wir mit widersprüchlichen Aussagen zu tun haben, kämpfen wir.
Wir sehen Tod und Krankheit wüten, Schicksalsschläge treffen,
und stellen uns die uralte biblische Schlangenfrage:
Meint Gott es wirklich gut mit mir?
Oder: ist da überhaupt jemand, der es gut meint?
„Wer bin ich denn zu sagen: ich könnte Menschen trösten?
Wenn ich doch selber Angst vorm Leben hab,
Angst vor Krankheit, Sterben, Tod
Angst davor eine Wolke zu sein, die sich auflöst – unsichtbar
Wer bin ich denn zu sagen: Gott liebt seine Kinder, er lässt sie auferstehen?
Wenn ich doch selbst nicht weiß, ob wir uns wiedersehn?“
schreibt eine Theologiestudentin in einem neueren Klagepsalm
(Lena Vösgen).

Wilde Tiere und Engel.
Das Evangelium zählt sie nicht nur auf, sondern sagt:
Jesus lebte bei den wilden Tieren.
Er vertreibt die wilden Tiere, die dunklen Gedanken und Mächte nicht;
Er sagt ihnen keinen Kampf an,
Er akzeptiert sie.
Wir sehen Ihn nicht gegen die vorgefundene Wirklichkeit ankämpfen,
wir hören davon, dass Er mit ihr lebt, sie annimmt.
Aber dazu braucht es die zweite Satzhälfte, in der es heißt:
Engel dienten Jesus.
Sie besagt:
das mich zu zerreißen Drohende, das an mir Nagende,
das, was das Potential hat, mich zu zerstören, verliert an Bedrohung,
wenn ich mir gute Gedanken zu Diensten machen kann.

Mancher Lebenskampf wird leichter,
wenn wir Wohlwollen spüren, ein tragfähiges Wort hören,
jemanden begleitend an der Seite wissen.

Christ sein bedeutet nicht in erster Linie, gegen das Böse zu kämpfen;
es bedeutet zuallererst, den guten Mächten Raum zu geben.
Davon ist auch die Vorbereitungszeit auf Ostern mehr und mehr geprägt:
nicht von dem Gedanken, wogegen muss oder sollte ich ankämpfen,
sondern:
wie können mir die guten Mächte und Gedanken hilfreich und dienlich sein;
nicht nur mir, sondern auch Menschen, denen ich begegne.
Auf diesem Weg, sich dem Guten zu öffnen, zu widmen, setzt Frieden ein.

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