4. Advent 2019 GIESSE
Dürre zerstört.
Die regenarmen Sommer der letzten Jahre zeigen uns Grenzen.
Der Boden reißt auf, wird spröde, unfruchtbar.
Flüsse und Seen trocknen aus. Es wächst nichts mehr.
Wir kommen mit dem Gießen nicht nach.

Das Bild der Trockenheit
kennen wir auch für einen bestimmten Seelenzustand:
ich bin ausgetrocknet, ich bin ausgebrannt – sagen wir,
wenn wir nicht mehr weiter können,
wenn keine Kreativität, keine Kraft mehr da ist,
wenn wir das Gefühl haben, zu verkümmern.

Die Bibel braucht immer wieder
das Bild grünender Pflanzen, um Lebendigkeit und Vitalität auszudrücken.
Sie hat das trockene Klima Israels als Hintergrund, wo Menschen erleben, wie Tau und Regen trockenes Land in einen fruchtbaren Garten verwandeln.
Schon der erste Psalm betet mit diesem Bild, wenn es heißt:
der Glaubende ist wie ein Baum, an Wasserbächen gepflanzt.
Und noch viel grundsätzlicher lesen wir im zweiten Schöpfungsbericht:
„Zur Zeit, als Gott, der Herr, Erde und Himmel machte,
gab es auf der Erde noch keine Feldsträucher
und wuchsen noch keine Feldpflanzen,
denn Gott, der Herr, hatte es auf die Erde noch nicht regnen lassen.“
Gottes Wort macht und bewirkt den sich ergießenden Regen,
die Erde wird fruchtbar, und alles entsteht und wird.

In einem Gebet zu Pfingsten bringen wir unsere Dürre ins Wort,
wenn wir zum Hl. Geist rufen: Dürrem gieße Leben ein;
und im Advent erbitten wir den benetzenden,
den durchfeuchtenden Tau von oben,
sogar brechende Wolken, die den Heiland herab regnen lassen.

Das Bild vom Tau ist ein zärtliches:
Tau fällt in der Nacht,
ohne dass wir es merken fällt er unsichtbar auf trockenen Boden;
in der Morgensonne glitzert er, umhüllt, umspielt alles, worauf er gefallen ist.
Tau ist zart, er zerstört nicht, er berührt sanft.
Im Bild des Taus rufen wir nach dem Gott,
der uns in unseren ausgedorrten, vertrockneten Lebenszeiten,
still, leise, sogar unbemerkt berührt, benetzt.
Über Nacht.
Der den Tau gießende Gott ist kein Donner grollender Gott,
sondern so, wie Elija Ihn am Gottesberg Horeb erlebt als einer,
der sich im stillen, sanften Säuseln bemerkbar macht.

Alljährlich beten wir am 4. Advent:
Giesse deine Gnade in unsere Herzen ein.
Soll heißen: Gott, durchtränke unser Leben.
Mach unserer Dürre, unserer Trockenheit, unserem nicht mehr weiter wissen
ein Ende.
Bring unser Leben zur Blüte. Lass die Farben leuchten.
Wir leben in der Zuversicht,
dass die Gnade Gottes unser Leben fruchtbar macht.
Den wir um Tau bitten, zu dem wir rufen: Giesse,
ist der, der Freude am Wachstum hat, der die Wüste zum Blühen bringt.
Gnade, ein Wort, das der Übersetzung bedarf:
vielleicht mit unbedingtem Wohlwollen, bedingungsloser Liebe, Gunst,
geschenktem Neuanfang, unverdiente Gabe.

Wir glauben, dass das, was Gott gießt, in menschliche Herzen einsickert
wie ein sanfter Regen, nicht wie ein Platzregen,
der in kurzer Zeit in großen Niederschlagsmengen den Boden abträgt
und zu Überschwemmungen führt.
„Nie wieder soll eine Flut die Erde vernichten“
überliefert die Bibel als Versprechen ein Gotteswort am Ende der Sintflut.
Die Vergeltung hat ein Ende, aber der Tau der Gnade allen Anfang.
Wir verbinden ihn mit Jesus,
in dem uns Gottes Güte und Menschenfreundlichkeit aufleuchten.

Giesse deine Gnade in unsere Herzen ein.
Wer so bittet, sagt im selben Atemzug:
ich will dem Wohlwollen Gottes Raum geben, Platz verschaffen,
es eindringen und wirken lassen.

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