4. Advent 2018 C Lk 1, 39-45
Wo ist dein Platz?
Maria verlässt ihren Platz.
Sie macht sich auf den Weg.
Sie hält nichts mehr – wie denn auch,
der, den sie unter ihrem Herzen trägt, hält sie.
Von Anfang an lernt sie an der Seite Jesu,
dass das mit den festen Plätzen so eine Sache ist.
Maria kann sich nicht festsetzen,
immer wieder bricht sie auf, um eben die zu sein, die sie ist.
Sie muss sich neu orientieren mit dieser unerwarteten Schwangerschaft,
mit der Geburt unterwegs,
mit den mitunter kühlen Ansagen ihr gegenüber aus dem Mund Jesu,
und ganz bestimmt unter dem Kreuz.
Im Magnificat, ihrem großen Lobgesang,
bringt sie auf den Punkt, wie sie Gott glaubt und was sie mit Ihm erlebt:
einen Platzwechsel.
Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.
Gott selbst vergibt die Plätze,
und diese Platzvergabe erfolgt nach anderen Gesetzmäßigkeiten
als den unseren.
In Jesus holt Er Menschen vom Rand in die Mitte,
gibt und vergibt nicht nach Verdienst sondern nach Bedürftigkeit.

Wo ist dein Platz?
An diesem 4. Advent mit einem ausgesprochenem Frauenevangelium im Ohr
ist es nicht weit hergeholt,
die Frage nach dem Platz von Frauen in der Kirche zu stellen.
Mir kommt ein Interview von Anfang Dezember in den Sinn,
Schwester Philippa Rath aus dem Eibinger Kloster St. Hildegard sagte darin:
„Viele Frauen sind am Ende ihrer Geduld.
Ich würde es sogar noch deutlicher formulieren:
Die Frauenfrage könnte sehr bald
zu einer Frage von Sein oder Nichtsein für unsere Kirche werden.“

In der Tat ist es seltsam,
dass Frauen, wenn sie von kirchlichen Ämtern sprechen,
stets Macht unterstellt wird, Männern nicht.
Immerhin fordern die Generaloberinnen von 34 Frauenorden aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Luxemburg
mehr Mitbestimmung von Frauen in der katholischen Kirche.
Es verstehen immer weniger, wenn gesagt wird:
„Die Kirche sieht sich daran gebunden,
dass Jesus bei der Einsetzung des Priestertums im Abendmahl ausschließlich Männer wählte.“
Die eindeutigste Aussage an einer solchen Formulierung ist,
dass das ganze Problem auf Gott selbst projiziert wird,
und man getrost fragen kann:
was soll das für ein Gott sein, der für bestimmte Dienste und Aufgaben
eine Geschlechterabhängigkeit vorsieht?
Der Begabungen und Charismen unterschiedlich verteilt
und dabei Rücksicht nimmt, ob es Frauen oder Männer sind?
Und wenn die Begründungszwänge ganz eng werden,
muss letztlich die Rede vom unergründlichen Ratschluss Gottes herhalten.

Wo ist dein Platz?
Unsere Kirche selbst braucht einen Platzwechsel,
weg vom vermeintlich sicheren Wissen darüber, was Gott will,
hin zu einem tastenden Aufbruch des Vertrauens darin,
dass die Herausforderungen und die Bedürftigkeit in der Gegenwart
einen Weg weisen.
Unergründlich sind die Ratschlüsse Gottes ja wirklich,
aber ergründlich und begründbar ist,
dass die Kirche mit ausgrenzenden Argumenten nicht überleben kann,
sie stirbt damit.

Schließlich wollen wir wieder das Fest feiern,
dessen großer Inhalt der Platzwechsel Gottes selbst ist:
in Jesus verlässt Er Seinen himmlischen Platz;
Weihnachten bedeutet, an den Gott zu glauben,
dessen Platz an der Seite der Menschen ist,
unabhängig von Geschlecht, Alter und Religion.

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