5. Fastensonntag 2021
In hoher Frequenz bestimmen aktuell Nachrichten über Entwicklungen und Ereignisse in der Katholischen Kirche das mediale Geschehen, die nicht nur ein Großteil der Katholikinnen und Katholiken als sehr belastend empfindet und tief bewegt.
Gleichzeitig macht sich das Gefühl der Hilflosigkeit breit, diesem Teil der Realität von Kirche ausgeliefert zu sein.
Es sind vor allem drei „Themen“, die diese Tage kennzeichnen:
Die Frage nach der Aufarbeitung der Fälle von sexuellem Missbrauch in der Kirche, die schon die letzten zehn Jahre prägt, aber in den letzten Wochen besonders im Hinblick auf die Ereignisse im Erzbistum Köln eine besondere Brisanz bekommen hat.
Die Frage nach der Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche und der Zulassung von Frauen zu allen kirchlichen Ämtern, die u.a. durch die Aktionen der Bewegung Maria 2.0 viel Aufmerksamkeit erhält.
Die Frage nach dem richtigen Umgang mit gleichgeschlechtlicher Liebe in der Kirche, die durch die Ablehnung der Segensfeiern für homosexuelle Paare durch die Glaubenskongregation in dieser Woche eine besondere Dynamik bekommen hat.
Alle drei Themen sind weit über die deutsche Kirche hinaus als wesentlich erkannt und werden deswegen aktuell intensiv etwa auch auf dem Synodalen Weg diskutiert. Das Ergebnis dieser synodalen Beratungen ist nach wie vor offen. Die Überlegungen zu den Themen werden in einer bislang nicht gekannten Offenheit auf allen Ebenen der Kirche geführt.
Im Hinblick auf die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der Kirche erleben wir derzeit eine mediale Fokussierung auf die Kölner Situation und befürchten, dass andere Bistümer dies noch vor sich haben. Andererseits darf nicht aus dem Blick geraten, dass in den letzten zehn Jahren viele Schritte zumindest zur Prävention getan wurden.
In diesen Tagen sorgt besonders die Absage aus dem Vatikan zur Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften nicht nur für große Unruhe, sondern auch für erneute Enttäuschung und Verletzungen. Sie finden dazu in den neuen Pastoralverbundsnachrichten eine Stellungnahme des Mainzer Moraltheologen Stephan Goertz und des Freiburger Fundamentaltheologen Magnus Striet.
Eine Unterschriftenaktion von in der Pastoral Tätigen in Deutschland, die auch von Kolleginnen und Kollegen aus Hamm mit unterzeichnet ist (derzeit über 2000 Unterschriften) formuliert:
„Wir werden Menschen, die sich auf eine verbindliche Partnerschaft einlassen, auch in Zukunft begleiten und ihre Beziehung segnen. Wir verweigern eine Segensfeier nicht. Wir tun dies in unserer Verantwortung als Seelsorgerinnen und Seelsorger, die Menschen in wichtigen Momenten ihres Lebens den Segen zusagen, den Gott allein schenkt. Wir respektieren und schätzen ihre Liebe und glauben darüber hinaus, dass der Segen Gottes mit ihnen ist. Theologische Argumente und Erkenntnisgewinne sind zur Genüge ausgetauscht. Wir nehmen nicht hin, dass eine ausgrenzende und veraltete Sexualmoral auf dem Rücken von Menschen ausgetragen wird und unsere Arbeit in der Seelsorge untergräbt.“
Im Dekanat Hellweg hat sich schon vor zwei Jahren eine Arbeitsgruppe aus Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten, aus Priestern und Diakonen gebildet, die konkrete Überlegungen für Segensfeiern von homosexuellen und wiederverheirateten Paaren erarbeitet hat. Dort haben wir festgehalten, dass die Kirche im Dienst am Segen Gottes steht.
Segen ist Zuspruch der Nähe Gottes. Gesegnet wird der Mensch und was von ihm bereits gelebt wird: gegenseitige Liebe und Verantwortung, Treue, Weggemeinschaft.
Auch Bischöfe, etwa Bischof Bode aus Osnabrück, Bischof Overbeck in Essen, Bischof Bätzing in Limburg und andere, wünschen Entwicklungen in der Kirche, die eine Segnung von homosexuellen Paaren auch offiziell ermöglichen und fordern – damit verbunden – eine Neuformulierung und Weiterentwicklung in der kirchlichen Lehre, die dem heutigen Forschungsstand der Theologie entspricht.
Die Frage nach dem Bemühen um Geschlechtergerechtigkeit hat an vielen Orten einen festen Platz. Donnerstagsgebete, Bemühungen der kfd, Maria 2.0, und die zahlreichen Überlegungen, wie Frauen und Männer in ausgewogener Weise gemeinsam heute Kirche sein können.
Es geht auch um die Frage der Berufung von Frauen zu kirchlichen Ämtern, und damit darum, wie spirituelle Wege von Frauen und Männern sich ergänzen können, wie unsere Rede von Gott und seinem Evangelium sich bereichert, wenn sie aus weiblicher und männlicher Sicht betrachtet wird, wie Seelsorge eigene Akzente trägt, wenn sie von Männern oder Frauen gelebt wird.
Vor allem im Hinblick auf diese Themen wird offensichtlich, dass eine immer stärkere Spannung zwischen den römischen Verlautbarungen bzw. Bestimmungen in der Katholischen Kirche und den eigenen Werten und Überzeugungen entsteht.
Diese Spannung führt bei vielen Gläubigen, aber auch bei uns als in der Pastoral beruflich Tätigen zu echten inneren Zerreißproben.
Es bleibt die Hoffnung, dass es die Wehen einer Geburt sind…

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