Aschermittwoch 2021
Nur wer klagt, hofft.
Alles hat zwei Seiten – mindestens zwei.
Wir bewegen uns zwischen den Polen
von hell und dunkel, warm und kalt, Angst und Hoffnung, Trauer und Freude,
Klage und Hoffnung, Tod und Leben.
Nur wer klagt, hofft.
Wer hofft, möchte Veränderung,
wer hofft, leidet an der Gegenwart.
Warum oder worauf soll ich hoffen, wenn schon alles da,
wenn schon alles gut ist?
Hoffnung entsteht ja erst, wenn Mangel da ist,
wenn etwas beklagenswert ist.
„Kehrt um zu mir von ganzem Herzen
mit Fasten, Weinen und Klagen.“
Wer klagt, wer Gott klagt, versinkt nicht im Leid.
Klagelieder, Klagepsalmen bezeugen, dass Menschen immer schon
ihre Trauer, ihr Leid, ihre Klage ausgedrückt haben.
„Rette mich, Gott, denn das Wasser geht mir bis an die Kehle!
Ich bin versunken im Schlamm des Abgrunds und habe keinen Halt mehr.
In Wassertiefen bin ich geraten, die Flut reißt mich fort.
Ich bin erschöpft von meinem Rufen, es brennt meine Kehle.
Mir versagen die Augen, während ich warte auf meinen Gott.“
lesen wir in Psalm 69.
Klage ist kaum auszuhalten.
Sie ist nicht schön, sie verzerrt Gesichter,
sie bedeutet Leiden am Häßlichen, am Gräßlichen, am Schmerzlichen.
Wir schauen ungern hin.
Und merken doch – in der eigenen Klage – wie tröstlich es sein kann,
wenn jemand hinschaut und nicht weg sieht.
Das Kreuz, das uns in diesen Wochen wieder neu vor Augen gestellt wird,
sagt uns: Gott schaut nicht weg.
Unsere Klage wird zur Klage Jesu:
Mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Genau genommen endet das zeitliche Leben Jesu sogar mit diesem Ruf.
Auch wenn wir mit Ostern glauben,
dass es bei diesen letzten Worten nicht bleibt,
so sind sie doch wesentlicher Bestandteil unseres Lebens,
die immer wieder gemacht und gerufen werden.
Nur wer klagt, hofft.