25.03.2025: Milieukrippe Hamm Verkündigung an Maria
Auf den Zug aufspringen:
Jemand schließt sich (einer Sache) an, beteiligt sich, klinkt sich ein.
Die Verkündigung an Maria erscheint hier am Bahnhof verortet.
Ferne und Nähe, Ankunft und Abschied, Erwarten und Erfüllen,
Kommen und Gehen.
Wer auf den fahrenden Zug aufspringt,
ahmt eine bereits erfolgreiche Sache nach.
Hintergrund für diese Redewendung ist:
Als Straßenbahnen und Züge noch Trittbretter als Einstiegshilfe hatten, sprang während der Fahrt immer wieder jemand darauf,
um „schwarz“ mitzufahren.
Maria war keine Schwarzfahrerin, aber abzusehen war überhaupt nicht,
auf welchen Zug sie da aufsprang mit ihrem Ja-Wort.
Eine erfolgreiche Sache war nicht zu erwarten.
Schließlich erwog Josef, sich von ihr zu trennen, abzuhauen –
und Maria selbst musste erstmal das Weite suchen,
sich aufmachen, ihre Verwandte Elisabeth aufsuchen.
Zu ungeheuerlich, zu herausfordernd war es,
womit Gabriel da um die Ecke kam
Was hätte als Zielort auf dem Zug stehen können?
Der Engel sagt: „Sohn des Höchsten“,
aber das ist eine Deutung schon von Ostern her.
Die Geschichten um die Menschwerdung Jesu sind entstanden,
weil es die österliche Erfahrung gab:
wen Tod und Grab nicht hält, der muss von Anfang an was besonderes sein.
Realistischerweise hätte auf dem Zug aber so manches stehen können,
nicht nur Freude, sondern auch Trauer, Unverständnis, Verlassenheit, Blamage, Kummer, Tod.
Es klingt irgendwie noch an im Evangelium, denn Maria erschrickt,
und der Engel sagt ihr: Fürchte dich nicht.
„Spring ich auf den Zug auf oder bleibe ich lieber, wo ich bin?“
Gabriel muss schon etwas Überzeugungsarbeit leisten,
denn fraglos ist Maria nicht.
Und er wirft das ganz Große in die Waagschale: Das Wirken Gottes.
Wir erleben, dass Gottes Verheißungen
nicht mit Freudensprüngen, Glücksgefühlen und Wohlfühlaugenblicken
verbunden sind oder verbunden sein müssen.
Wie schreibt Rainer Maria Rilke:
„Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel
Ordnungen? und gesetzt selbst, es nähme
einer mich plötzlich ans Herz: ich verginge von seinem
stärkeren Dasein. Denn das Schöne ist nichts
als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen,
und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht,
uns zu zerstören. Ein jeder Engel ist schrecklich.“
Maria und der Engel Gabriel sind sich in dieser Darstellung sehr nah,
schauen sich an, wir sagen: auf Augenhöhe.
Ein tiefer Blick.
Das Wort allein reicht nicht. Es braucht die Begegnung,
das anschauen und angeschaut werden,
die Augenblicke, die man nicht vergisst, die halten und tragen,
denn der Engel bleibt nicht.
Und die Reise beginnt erst, eine Reise,
weiß Gott nicht nur von offenen Türen begleitet,
auch von geschlossenen Türen,
von überfüllten Abteilen und von Menschen leeren Orten:
Alles ist drin.
Beflügelt war Maria vermutlich nicht, aber sie fühlte sich angesprochen:
Ihr großer Augenblick.