1. Advent C 2024
„Es ist besser, ein Licht anzuzünden, als über die Finsternis zu klagen.“
Im Zugehen auf den Advent stolpere ich erneut über dieses Wort
eines chinesischen Philosophen (Konfuzius) aus dem Jahr 500 vor Christus.
Vieles macht die Welt – und das eigene Leben vielleicht auch – finster.
Eine Katastrophe scheint die andere zu jagen.
Unerträglich.
Jeder zehnte der Deutschen vermeidet es „oft“,
Nachrichten zu konsumieren,
zwei Drittel versuchen „öfter“, den Nachrichten aus dem Weg zu gehen.
Überforderung.
Mitunter schützen wir uns selbst, setzen einen Riegel vor:
Die Bettdecke über den Kopf oder Musik laut aufgedreht,
einfach rausfahren und was Schönes unternehmen,
was natürlich auch nur solange geht,
wie die schlechten Nachrichten nicht alles Schöne in Frage gestellt haben.
Auszeit.
Abschirmen. Nicht an sich ranlassen. Sich schützen oder geschützt werden.
Das Dunkle außen vor lassen, um nicht ganz darin eingetaucht zu sein:
Das bekommen wir nicht immer hin.
Manchmal ist der Punkt der Belastbarkeit überschritten,
wenn zu Vieles auf uns eingeströmt ist –
dann hilft nur noch „den Stecker ziehen“, wie wir sagen
und sich in gute Hände begeben.
Manchmal ist es vielleicht auch das eigene Wohlbefinden,
das im Vordergrund steht: Hauptsache, mir geht es gut –
und alles andere blende ich aus.
„Es ist besser, ein Licht anzuzünden, als über die Finsternis zu klagen.“
Dieses Wort zu leben setzt Stärke voraus.
Es setzt voraus, an Licht zu glauben
und Möglichkeiten zu haben, Licht zu entzünden.
Ich glaube, in vollendeter Form kann das nur Gott:
Gegen alle Dunkelheit dem Licht trauen,
die Dunkelheit wahrnehmen, ihr nicht aus dem Weg gehen,
sie nicht ausblenden, sie nicht bekämpfen, sondern sie erhellen.
Dunkelheit wird nicht besiegt, nicht verdrängt, nicht abgeschafft;
sie wird erhellt.
Das verbinden wir mit Jesus: Das Erhellen unserer Nächte.
Gott weicht unserem Dunkel nicht aus,
er nimmt es wahr ohne dass es ihn verschlingt.
Das ist unser Grund und unser Hintergrund,
im Advent das Entzünden von Kerzen sehr bewusst zu vollziehen.
Denn Dunkelheit bleibt.
Wir müssen sie nicht inszenieren. Sie ist da.
Und mit dem Entzünden verbinden wir:
Wir glauben nicht an die Dunkelheit, wir glauben an das Licht.
Denn an Dunkelheit müssen wir nicht nicht glauben, wir erleben sie;
aber an Licht müssen wir glauben, dass es genügend Kraft hat
und in unser Herz hinein kommt.
„Advent“ heißt wörtlich „Ankunft“ –
nicht Anstrengung oder Vorbereitung oder Warten.
Das Licht, Gott kommt. Unaufhaltsam!
In seinem sechsten Brief an einen jungen Dichter vom 23.12.1903
tröstet Rainer Maria Rilke den unglücklichen Offiziersanwärter
Franz Xaver Kappus, der meinte, den Glauben an Gott verloren zu haben.
Seitdem trösten diese Worte weit mehr Menschen:
„Warum denken Sie nicht, daß Gott der Kommende ist,
der von Ewigkeit her bevorsteht, der Zukünftige,
die endliche Frucht eines Baumes, dessen Blätter wir sind?
Was hält Sie ab, seine Geburt hinauszuwerfen in die werdenden Zeiten
und Ihr Leben zu leben wie einen schmerzhaften und schönen Tag
in der Geschichte einer großen Schwangerschaft?
Sehen Sie denn nicht, wie alles, was geschieht, immer wieder Anfang ist, und könnte es nicht Sein Anfang sein,
da doch Beginn an sich immer so schön ist? …
Mit dem Geringen, mit dem Unscheinbaren
(wenn es nur aus Liebe geschieht) fangen wir an,
mit der Arbeit und mit dem Ruhen hernach,
mit einem Schweigen oder mit einer kleinen einsamen Freude, …
beginnen wir Ihn, den wir nicht erleben werden,
so wenig unsere Vorfahren uns erleben konnten.
Und doch sind sie, diese lange Vergangenen, in uns, als Anlage,
als Last auf unserem Schicksal, als Blut, das rauscht,
und als Gebärde, die aufsteigt aus den Tiefen der Zeit.
Gibt es etwas, was Ihnen die Hoffnung nehmen kann,
so einstens in Ihm, in dem Fernsten, Äußersten zu sein? …
Seien Sie geduldig und ohne Unwillen
und denken Sie, daß das wenigste, was wir tun können, ist,
Ihm das Werden nicht schwerer zu machen,
als die Erde es dem Frühling macht, wenn er kommen will.“
Lieber Bernd,
ich danke Dir für Deine Worte vom vergangenen Sonntag.
Sie kommen zur rechten Zeit an.
Ich wünsche Dir eine gute Adventszeit
Bernward
Immer toll in der Messe
Dankeschön