Dreifaltigkeit 2025
Obwohl wir im Kreuzzeichen den „dreifaltigen“ Gott nennen und anrufen,
ist die Lehre von der Dreifaltigkeit abstrakt
und hat in unserem Festtagskalender nicht höchste Priorität.

Dabei lesen wir in der Bibel von Jesus, der eine einfache Sprache spricht –
und dem man zwar viele Eigenschaften und Titel verliehen,
den man aber interessanterweise niemals
als „Theologen“ oder als „Philosophen“ bezeichnet hat,
denn als solchen hat man ihn wohl niemals erlebt:
Dozierend, alles wissend, kompliziert im Wort.
Stattdessen war die Sprache Jesu erfahrungsgetränkt, bildreich und einfach;
seine Verkündigung war weniger Glaubens Lehre,
sondern sie stellte Glaubens Leben dar;
sie war nicht abstrakt und abgehoben vom Alltag,
sondern konkret, dicht und nah.
Nicht umsonst spricht er von sich als Licht, als Weg, als Brot,
denn das kennt, versteht und braucht jeder Mensch.

Möglich,
dass manche Glaubenserfahrungen zu Lehrsätzen gegossen wurden
so wie Kunstschaffende eine Erfahrung in sich
in ein äußeres Kunstwerk bannen;
unmöglich allerdings,
dass das so entstandene „Kunstwerk“ in jedem Betrachtenden
die gleichen Erfahrungen hervor ruft wie Künstlerin oder Künstler sie hatte.
Glaubensverkündigung ist weniger ein Weitersagen von Lehrsätzen,
auch nicht das auswendiglernen von Gebeten;
sie ist vor allem das Ermöglichen von Erfahrungen,
so wie sie Jesus zu Beginn seines Auftretens
– und dann durchweg – ermöglicht hat,
als er seinen Jüngern sagt: Kommt und seht.

Dreifaltigkeit ist ein ziemlich abstraktes Kunstwerk,
das die Einladung zum Kommen und Sehen kaum hörbar macht.
Es macht als Wort nicht gerade Gottes hungrig.
Stattdessen konzentriert es Glaubensreflexionen,
und Reflexion ist Rückblick – und Rückblick hat mit Überblick zu tun –
und wer kann Gott überblicken?

Dreifaltigkeit lebt von verschiedenen Glaubenserfahrungen
von uns Menschen:
Die Erfahrung oder Ahnung des schweigend fernen Schöpfergottes,
der so anders ist, als wir es denken –
und die des menschlich nahe gekommenen Sohnes,
der in allem uns gleich, aber auch nicht festzuhalten ist.
Durch den Sohn lernen wir den Vater kennen,
der doch schon seit Urbeginn Vater ist,
denn das Wort, das Fleisch geworden ist, war schon im Anfang.

Mit dem Hl. Geist verbinden wir die Erfahrung
der unbestimmten und darum völlig offenen Größe Gottes.
Sind die Bezeichnungen Vater und Sohn
noch irgendwie unserem menschlichen Erfahrungsreichtum entnommen,
klingt im Hl. Geist am meisten an, dass Glaube unfassbar ist
und den unbegreiflichen Gott anruft: Den, den wir nicht sehen,
den, den unsere Bilder, Vorstellungen und Worte nicht einfangen können.

„Der Wind weht, wo er will;
du hörst sein Brausen, weißt aber nicht,
woher er kommt und wohin er geht.
So ist es mit jedem, der aus dem Geist geboren ist.“ –
sagt Jesus in einem Nachtgespräch zu Nikodemus.
Der Hl. Geist steht für die „Undefinierbarkeit“ Gottes,
und ist vom Wort her schon wie ein Versagen unserer Sprache.

Auch diese Erfahrung ist nicht neu:
Mose erlebt Gott genauso, als er seinen Auftrag erhält,
Israel in die Freiheit zu führen:
Ich bin da als der ich da sein werde – sagt Gott dem Mose von sich:
Du wirst es erfahren, es sprengt dein Fassungsvermögen.

Erfahrungen mit Gott sind bedeutsamer als die abstrakte Lehre.
Das große biblische Zeugnis ist,
dass Gott selbst diese Erfahrungen vielfältig ermöglicht.
 

 

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