B 26 2024 Mk 9, 38-43.45.47-48
Wenn du mit dem Finger auf jemanden zeigst,
dann zeigen immer drei Finger auf dich zurück.
„Was siehst du aber den Splitter im Auge deines Bruders,
den Balken aber in deinem Auge bemerkst du nicht?“
so überliefert es der Evangelist Matthäus als ein Wort von Jesus.
Beide Worte passen auch zum heutigen Evangelium.
Einer der Zwölf sieht jemanden im Namen Jesu wirken,
und hat Schwierigkeiten damit, dass er sich nicht den Zwölfen anschließt.
Jesus lenkt den Blick von dem einen weg hin auf die Fragesteller;
denn Zielpunkt seiner Rede sind nicht die anderen,
sondern die, die gerade vor ihm stehen.
Damit steckt in diesen paar Sätzen des Evangeliums sehr viel.
Zunächst: wer im Namen Jesu wirkt,
wer in seinem Sinn unterwegs ist,
darüber brauchen die Zwölf, die Jünger, die Kirche nicht zu befinden.
Fast klingt schon eine Herausforderung an,
die die Kirche nicht mehr los wird:
Geht es darum, die eigenen Reihen zu stärken, zu festigen,
oder ist es nicht wichtiger, zu fördern und zu vermehren,
dass im Namen Jesu Gutes geschieht?
Auffällig jedenfalls, dass die Zwölf sich an dieser Stelle nicht freuen,
wenn auch andere im Namen Jesu handeln,
sondern dass sie vielmehr ein Problem damit haben,
wenn sie außerhalb der eigenen Reihe sind.
„Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.“
Wie hinfällig macht die Antwort Jesu manche Auseinandersetzungen
der christlichen Konfessionen und auch der Religionen,
wenn sie mehr sich selbst im Blick haben und nicht das Gute,
das geschieht, auch und gerade, wenn es von ihnen unabhängig ist.
Wichtiger als die Organisation ist das Gute, das geschieht,
das Befreiende, das dem Leben dienliche.
Das Evangelium geht noch weiter.
Entscheidender als die Frage, wer in wessen Namen Gutes bewirkt
und wie er sich einbinden lässt in eine Gruppierung, in eine Ordnung,
ist die Frage nach dem eigenen Verhalten.
Wenn dich deine Hand, wenn dich dein Fuß,
wenn dich dein Auge zum Bösen verführt:
deutlich steckt die Frage dahinter:
was kannst Du selbst tun,
um das Böse in deinem eigenen Leben zu vermeiden?
Natürlich geht es bei diesem Wort nicht um Hände, Füße und Augen,
Körperteile werden ja nur gesteuert und verführen nicht.
Es geht um Deinen Blick, um Dein Augenmaß,
um das, wonach Du greifst und wonach Du Deine Hand ausstreckst,
um die Wege, die Du unter Deine Füße nimmst;
also geht es um Dich – nicht um das Abtöten von Körperteilen,
wie man lange genug diese Bibelstelle auch verstanden hat –
wenn vom Kirchenvater Origenes etwa wird berichtet,
er habe sich auf Grund solcher Worte selbst entmannt.
Die Fragen, die von solchen Bibelworten ausgehen können, sind eher:
Was kannst Du tun, damit Deine Hand frei gibt und nicht an sich reißt,
damit sie hilfreich ist und nicht zur Faust geballt?
Was kannst Du tun, damit Deine Füße auch Leiden anderer tragen,
damit Deine Füße Wege des Friedens gehen?
Und was kannst Du tun, damit Deine Augen das Gute sehen,
damit sie nicht nur am Negativen hängen bleiben,
sondern denen Ansehen geben, die wohlwollende Blicke brauchen?
Das Böse überwindet man vielleicht am ehesten durch das Tun des Guten.