C 3 2025 Lk 1,1-4;4,14-21
„Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet.“
Spannung war in der Synagoge von Nazareth.
Was ist das für einer?
Wie klingt aus seinem Mund das Wort?
Mit welch einem Verständnis legt er es aus?
Was wird mir neu aufgehen,
was wird er sagen, was ich vielleicht noch nicht gehört habe?
Man sollte annehmen, dass Menschen mit Erwartungen,
mit religiösen Hunger, mit gespitzten Ohren in der Synagoge waren;
allerdings kennen wir den weiteren Verlauf der biblischen Geschichte:
Weil Jesus nicht das sagt, was sie erwartet haben
und was sie zu hören gewohnt waren, lassen sie ihn sehr schnell fallen
und suchen nach Wegen, ihn los zu werden.
Waren also wirklich die Augen aller auf ihn gerichtet,
offen und aufnahmebereit,
oder war es ein lauernder Blick von Menschen,
die nur selbst bestätigt werden wollten in ihren Ansichten?
Und – was sagt er denn?
„Heute hat sich das Schriftwort erfüllt.“
Er sagt nicht: Seht her, ich bin es.
Sein Auftreten ist so ganz anders als wie wir es in diesen Tagen erleben,
wo ein Präsident Gott gewollten Führungsanspruch für sich postuliert
und Reiche und mächtig sein wollende ihre Referenz erweisen.
Machtvolles Auftreten schildert keine biblische Erzählung von Jesus.
Wie sagen wir es am Palmsonntag: Er kommt nicht hoch zu Roß,
er reitet auf einem Esel.
Er beschränkt sein Wirken nicht auf ein Volk, dass er groß machen möchte;
er hat Leidende und Schwache im Blick, gleichgültig, woher sie kommen.
„Heute hat sich das Schriftwort erfüllt.“
Heute meint Alltag. Heute meint Jetzt. Heute meint auch die graue Realität.
Das Erfüllen des Schriftwortes ist nicht von einer lauten Fanfare begleitet,
nicht vom Einzug Mitra bekleideter Männer abhängig –
es fällt auch kein Stern vom Himmel.
Heute ist Ausdruck von Gegenwart.
Wenn jemand heute sagt, bin ich dabei.
Heute hat mit mir zu tun.
Ich werde nicht verwiesen, vertröstet oder in eine passive Rolle gedrängt.
Mein Alltag wird zum Heilsort.
Beim Evangelisten Lukas begegnet uns das öfter.
Gleich zu Beginn: Heute ist euch der Retter geboren.
Heute muss ich in deinem Haus zu Gast sein.
Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.
Heute bevorzugt niemanden.
Jetzt will mich das Wort, jetzt will mich Jesus treffen.
Jetzt ein Gnadenjahr. Jetzt das Gute.
So schön es klingt, so herausfordernd ist es:
Im grauen Alltag Licht zu finden, im Staub Gold,
in der Gegenwart Heilsgeschichte, im Menschenwort Gotteswort.
Wir ahnen es, wenn wir an die großen Themen denken, die uns bewegen:
Liebe ist nichts, was ich irgendwann erreiche;
Liebe lerne ich durch lieben.
Glaube ist nichts, was ich irgendwann erreiche;
Glaube lerne ich durch glauben.
Friede ist nichts, was ich irgendwann erreiche;
Friede lerne ich durch Frieden und befrieden.
Das Erfüllen des Schriftwortes ist nicht etwas für die Zukunft,
nicht etwas, was irgendwann jemand für mich tut.
Jetzt will Gott es mit dir und mir tun.