C 6 2025 Lk 6, 17.20-2
Erleben wir nicht das genaue Gegenteil derzeit:
Selig die Reichen, die Lachenden, die Satten?
Wer Geld hat, kauft und bietet und besitzt – und gibt den Ton an.
Schleichende Prozesse, Kaufen von Plattformen in den Medien,
Meinungen als Fakten verkaufen und Fakten zu Meinungen machen.
Viele Menschen haben Angst
und sind erschrocken über das Tempo von Entwicklungen,
die Menschen weltweit betreffen.
Es erscheint wie ein Strudel bei einem immer rauer werdenden Ton
nicht nur auf der großen politischen Bühne, auch auf den Straßen,
in den Arztpraxen und Supermärkten:
Gewalt in der Sprache und in den Händen.
Und wir? Wir als Kirche?
Erhebt Kirche ihre Stimme, wie etwa die Bischöfin in Amerika,
die den Präsidenten bittet,
er möge Mitleid haben mit den Menschen, die Angst haben,
konkretisiert vollkommen grundlegende christliche Werte
wie Gnade und die Würde jedes Einzelnen,
wird sie von der Seite der Mächtigen lächerlich gemacht:
Ein „langweiliger und uninspirierter Gottesdienst“,
„Nicht sehr aufregend – das hätte sie besser machen können.“
Erhebt die Kirche ihre Stimme
wie etwa in dem Brief der evangelischen und katholischen Kirche
an die Abgeordneten, besorgt über Zeitpunkt und Tonlage aktueller Debatten
man möge doch dabei bleiben, keine Abstimmungen herbeizuführen,
in der die Stimmen der AfD ausschlaggebend sind,
bleibt die politische Reaktion ebenso nicht aus,
wenn ein Politiker sagt, er habe “keine Lust (darauf), dass mir ständig irgendwelche selbst ernannten Moralwächter erklären,
was wir zu tun haben.“
Solange Kirche die Mächtigen unterstützt, ist sie willkommen.
Richtig ernst nehmen muss man sie dafür nicht.
Das ist was für sonntags, für Brauchtumspflege, etwas Brot und Spiele.
Man kann von Jesus vieles sagen, eins sicherlich nicht:
Dass er unpolitisch war oder dass seine Reden und Sichtweisen
mit Politik nichts zu tun hätten.
Im Gegenteil. Und er macht es nicht immer auf die feine Art:
Weh euch, ihr Reichen. Weh euch, ihr Satten. Weh euch, ihr Lachenden.
Weh euch, ihr Gelobten.
Dennoch möchte ich unser Augenmerk
auf die vorhergehenden Worte lenken.
Selig, ihr Armen. Selig, ihr Hungernden. Selig, ihr Weinenden.
Selig, ihr Gehassten und Geschmähten.
Denn diese Worte holen aus der Isolation.
Sie sagen den Übersehenen, den nicht ernst genommenen,
den lächerlich gemachten, den unwürdig behandelten:
Ich sehe dich. Ich nehme dich wahr. Ich weiß um dich.
Wir wissen, was es bewirkt, wahrgenommen zu werden,
gerade in dem, was Menschen verbergen, verbergen müssen,
in dem sie isoliert sind, versteckt sozusagen:
Die Tränen, die niemand sehen darf, die Armut, die sich versteckt,
der Hunger, der in manch vollem Bauch wohnt,
der Haß, der Menschen stigmatisiert und in die Ecke stellt,
die Angst, die Menschen umtreibt und für die sie kaum Worte finden,
das Lachen und die gemachten Witze, die die Depression übertünchen.
Ich bin nicht mehr allein damit.
Denn das ist der Trick der Mächtigen, wenn sie isolieren,
teilen und herrschen, lächerlich machen:
Das ist dein Problem. Nur du kommst damit nicht klar.
Die Worte Jesu berühren.
Ich kann aufatmen. Und wie das so ist beim Aufatmen:
Ich bekomme Kraft. Es fällt etwas ab. Energie zieht ein.
Vielleicht verstecke ich mich nicht mehr
und mache anderen damit Mut.
Bei Jesus war das so, dass er sich nicht versteckt hat,
denn wir wissen um seine Tränen,
um seine Armut, um den Hass, mit dem ihn Menschen überschütteten,
um seinen Hunger nach Versöhnung und Frieden.
Welch ein Anfang…