B 21 2024 Joh 6,60-69
Auch einige der Jünger nehmen Anstoß.
Sie sagen: Deine Rede ist hart.
Offensichtlich war Jesus kein Gemütlicher, kein Dekorationsgegenstand,
auch nicht zwingend einer, mit dem man sich gut sehen lassen konnte.
Seine Worte stießen weitestgehend auf Ablehnung.
Kein lieber, schon gar kein „liebster“ Jesus.
Das war nicht das, was man zu hören gewohnt war oder hören wollte,
das war nicht das, was sogleich eingängig war und sympathisch.

Mitunter frage ich mich, ob ein mangelndes Anstoß nehmen an Jesus
in Gesellschaft und Kirche auch damit zu tun hat,
dass wir manche seiner Worte hören und doch nicht hören –
und nicht ernst nehmen.
„Reagiert nicht auf das Böse“ aus der Bergpredigt ist so eins.
Natürlich reagieren wir, schlagen zurück, verbal allemal.

Anstoß nehmen ist zunächst ein Zeichen dafür,
dass die Worte Jesu die Menschen erreicht haben, sie sind angekommen,
sie lösen etwas aus, sie bewirken etwas.
Menschen verhalten sich darauf hin.
Haben wir es eher mit einem harmlos gemachten Jesus,
mit einem ein kirchentauglich polierten Jesus zu tun?

Ich glaube, woran sich die Menschen
hier am Ende der sogenannten Brotreden im Johannesevangelium stoßen,
hat an Anstößigkeit nichts verloren.
Das erste ist, dass Jesus sich weigert, ihr König zu werden.
Er ist nicht der Brotkönig im Sinn eines Magiers,
im Sinn eines bedeutungslosen Monarchen,
den man sich gönnt für Goldkutsche und Prunk,
der aber nichts zu sagen hat.
Er will nicht abhängig sein von den Erwartungen der Menschen
und damit in ihren Händen.
Besteht nicht immer die Gefahr auch für mich,
mir meinen Jesus zurecht zu schnitzen?

Das zweite ist seine Rede von sich als lebendiges Brot vom Himmel.
Nach wie vor scheint es für Menschen einfacher,
an einen fernen Gott im Himmel zu glauben
als an einen nahen Gott auf Erden.
„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden“:
Gott hoch oben – weit weg, die Menschen tief unten.
Jesus selbst lebt etwas anders – es gibt kein oben und unten,
wenn Himmel und Erde sich in ihm vereinen,
wenn mit ihm das Reich Gottes nicht nur nah sondern auch da ist.
Himmel wird in ihm zum Überall Gottes: Gott ist nicht über dem All,
sondern überall.
Ein ferner Gott erscheint bequemer:
man kann ihm mit Worten huldigen, zu bestimmten Zeiten anrufen,
aber ihn sonst aus dem Leben heraushalten.
Ein Gut-Wetter-Gott.
Aber Gott ist nicht nur da, wenn wir beten oder an ihn denken,
er ist immer da.
Jesus ist nicht nur da, wenn wir sein Wort hören
oder ihn im Zeichen des Brotes empfangen,
seine Gegenwart erfüllt das All.
Ich glaube, dass eine solche Glaubenshaltung ernst genommen
unser aller Leben ändern würde.
Menschen würden sich in der Kirche nicht so aufspielen,
als seien sie Jesus selbst,
und darüberhinaus wäre der Gedanke daran,
dass mir in jedem anderen Menschen Gottes Ebenbild begegnet
und Christus zugegen ist, geeignet,
Unversöhnlichkeit und Intoleranz und vieles mehr zu überwinden.

Aber wenn der König, wenn Gott weit weg ist,
kann man ihn getrost „einen guten Mann“ sein lassen.

An dieser Stelle scheint Petrus und scheinen einige andere zu verstehen,
in dem sie sagen: du hast Worte ewigen Lebens – soll heißen:
Nur in dir begegnet uns ein Leben, dass ewig währt
und was es verdient, ewig zu währen.
Leben bekommt eine andere Qualität.

Dass es herausfordernd bleibt, wissen wir gerade auch von Petrus,
der das Weite sucht, als es ernst wird.
Irgendwie dann auch wieder tröstlich für uns,
Scheitern, Versagen gehören dazu, aber eben auch das Anstoß nehmen.
Und wo das Anstoß nehmen nicht mehr spürbar, hörbar ist,
da ist vermutlich nicht Jesus selbst präsent,
sondern eine Vorstellung von ihm.

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