C 14 Lk 10, 1-9 2025
Große Ernte – wenig Arbeiter!
Offensichtlich war es immer schon,
dass die Zahl der von Christus Gesandten zu gering ist
angesichts all der Herausforderungen, die sich stellen.

Jesus sendet Menschen aus in Ortschaften, in die er selbst es nicht schafft.
Offensichtlich ist der Mangel
ein Kennzeichen des Christentums von Anfang an.
Es reicht hinten und vorne nicht:
Nicht an Missionarinnen und Missionaren,
nicht an Glaubensbotinnen und Glaubensboten,
um all das angehen zu können, was Jesus als Aufgabe sieht,
aber selbst auch nicht erfüllen kann.
Christliches Wirken ist von Anfang an mangel-haft;
dies nicht unbedingt, weil die Botinnen und Boten schlecht wären,
sondern weil das Ackerfeld des Glaubens und des Lebens unermesslich ist.

Perfektion ist keine Vokabel im Wortschatz des Glaubens,
ebenso wenig wie Erfolg oder Garantie.
Vielmehr leben wir mit Halbheiten, Misserfolgen und mit Grenzen.
Kirche, Glaubende, Getaufte, Menschen überhaupt werden unbarmherzig,
wenn sie nur die Perfektion, nur den Erfolg gelten lassen
oder darauf aus sind.

Was Jesus darum den Gesandten mit auf dem Weg gibt,
ist eine Mischung aus Zielstrebigkeit und Nachsicht,
aus Geradheit und Demut.
Dennoch ist von vorne herein klar: Genügen wird es nicht.

Vielleicht ist in unserem Glauben
eine Wertschätzung des Halben, des Unvollendeten verloren gegangen.
Der Perfektionsdrang oder –zwang,
der unseren Alltag und das Berufsleben bestimmt,
macht auch vor der Religion nicht halt.
Wohl will Jesus keine halben Menschen und keine Halbherzigkeit,
aber nirgendwo steht der Zwang zum vollen Erfolg:
die ausgesäte Saat muss nicht nur hundertfach aufgehen,
sechzigfach und dreißigfach darf auch sein.

Wir als Kirche erleben in diesen Jahren oder Jahrzehnten
– aber sagen Sie: Wann eigentlich nicht? – eine Zeit,
in der es keine hundertfache Frucht gibt,
vielleicht noch nicht mal eine dreißigfache.
Der Blick auf unsere Glaubensgeschichte, der Blick ins Evangelium
kann entlasten:
Nie gab es den vollen Erfolg, bei Jesus nicht, bei seinen Jüngern nicht;
nie gab es den perfekten Christen, Petrus nicht und alle Heiligen nicht.

Und wenn jede und jeder sich selbst und sein Leben betrachtet,
wer könnte von sich in Anspruch nehmen,
seinem christlichen Auftrag ohne Mängel nachzukommen?
Aber Mängel benennen und wahrnehmen darf nicht verloren gehen.
Den Mut braucht es und das Mühen, gegen den Mangel anzugehen.

Ich meine,
das Stoppen des Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte
stellt eine mangel-hafte Entscheidung dar;
ich meine, die fast devote Haltung vor dem amerikanischen Präsidenten
stellt keine christliche Haltung dar;
ich meine, das Reden und Handeln des Aufrüsten
kann sich nicht auf Jesus oder auf Glaubensaussagen berufen.

Wie gut, dass wenigstens der Papst deutlich formuliert,
zuletzt noch am 27. Juni, wenn er sagt, dass mit dem Geld,
das für Kriege in der Welt „in die Taschen der Händler des Todes fließt“, Krankenhäuser und Schulen gebaut werden könnten –
die aber stattdessen damit zerstört würden.
Das Völkerrecht sei durch das „Recht des Stärkeren“ ersetzt worden.
„Wie kann man nach Jahrhunderten der Geschichte glauben,
dass Kriegshandlungen Frieden bringen und sich nicht gegen jene wenden, die sie führen?“ fragt er – und:
„Wie kann man ohne Zusammenhalt,
ohne eine vom Gemeinwohl beseelte Gesamtvision
an die Grundlagen für die Zukunft denken?“

Ein Schaf unter Wölfen.
Nicht nur „Berufsbeschreibung“ für den Papst,
Situationsbeschreibung für Menschen,
die sich Christinnen und Christen nennen.

 

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