B 29 2024 Mk 10, 35-45
Das muss doch für Jesus schlimm gewesen sein:
der, der es ankündigt, dass er den letzten Platz, den am Kreuz
einnehmen wird,
dem tragen zwei Jünger ihre Bitte um einen der ersten Plätze vor.
Der, dem es vorrangig um das Reich Gottes geht,
wird wieder und wieder konfrontiert damit,
dass in seiner Nachfolgerschaft Menschen sind,
die sich selbst bereichern und begünstigen wollen.
Was der Evangelist Markus
als erster Evangelienschreiber so freimütig erzählt,
erscheint dem Evangelisten Matthäus
schon so unglaublich und erschreckend,
dass er diese Bitte nicht von den beiden Söhnen,
sondern von ihrer Mutter aussprechen lässt:
die Bitte um die besten Plätze an der Seite Jesu,
ein Platz, den Platz an der Sonne des Heils.

Mit Jesus groß rauskommen – ich befürchte,
davon können wir uns nicht freisprechen.
Möglich, dass wir diesen Wunsch wie die Jünger in die Ewigkeit verschieben:
aber dann spätestens muss es sein,
dass die Belohnung kommt dafür, dass man hier verzichtet und gebetet,
dafür, dass man manches Opfer gebracht hat.
Du kommst im Himmel ein Treppchen höher…
halb scherzend haben wir das sogar noch im Sprachgebrauch.

Mit Jesus groß rauskommen –
auch mit Blick auf die Kirche ist uns die Haltung nicht fremd:
irgendwann muss sie doch als strahlende Siegerin in der Welt dastehen,
irgendwann muss doch das Christentum die Erde beherrschen
und das Haus voll Glorie weit über alle Land schauen…
Mit Jesus die eigene Stellung, die eigene Macht sichern:
in dieser Gefahr steht jeder kirchliche Berufsstand,
in dieser Gefahr steht das Gerangel von Gemeinden
im Zusammenspiel größerer Seelsorgeeinheiten.

Was ist tröstlich an diesem Evangelium?
Was einerseits erschreckend ist,
dass diese auf sich selbst bezogene Haltung
auch im innersten Kreis um Jesus herum vorherrscht,
ist andererseits auch realistisch oder beruhigend:
unsere Probleme heute gab es damals auch –
sie zu haben schließt erst einmal nicht aus,
dennoch auf dem Weg der Nachfolge zu sein.

Allerdings macht kaum ein Evangelium wie dieses deutlich,
wie sehr Jesus die Ordnung der Welt umstürzt:
die Ordnung der Welt ist, dass jeder sich selbst der Nächste ist
und um sein Dasein kämpft –
die Ordnung im Reich Gottes ist,
dass Jesus anderen der Nächste ist und ihrem Dasein dient.
Gottes Dienst ist das Wort,
mit dem wir nicht umsonst Gottesdienste in der Kirche benennen.

Trotzdem: selbst das Reden vom Dienen
ist oft verstecktes Verteidigen eigener Macht und das Suchen danach,
es ist verborgenes und unausgesprochenes Bitten um Anerkennung
Jesus spricht den Mächtigen ihre Macht nicht ab,
sondern wehrt sich gegen den Missbrauch der Macht.
Es gibt ja auch die gute Macht in der Welt,
die guten Mächte, die uns tragen und durch die wir andere tragen.

Es ist nicht verboten, Macht zu haben,
die Frage ist, wie und wofür ich sie einsetze.
Um das zu klären,
muss ich meine Macht zunächst auch erkennen und wahrnehmen.

Selbst den ohnmächtigen Jesus am Kreuz
bringen wir mit dem mächtigen Gott zusammen,
denn Seine Macht ist Seine Ohnmacht.

Aufrichtigen Herzens dienen kann nur,
wer um seine eigene Würde weiß,
denn er weiß, dass er sich im Dienen nicht verbiegt.

 

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