Karfreitag 2025
Jesus weiß um seine Zeit, um seine Stunde.
Er weiß, wann es Zeit ist zu bleiben, und wann es Zeit ist zu gehen.
Ganz zu Beginn des Lukasevangelium,
als er an einem Sabbat in der Synagoge lehrte (Lk 4),
wird erzählt, wie die Menschen Jesus zur Stadt hinaus trieben
und ihn an den Abhang des Berges brachten, auf dem ihre Stadt erbaut war, um ihn hinabzustürzen.
„Er aber schritt mitten durch sie hindurch und ging weg.“ heißt es.
Souverän geht er seinen Weg und schafft es irgendwie,
der aufgebrachten Menge zu entkommen.
In der Karwoche hören wir anderes.
Gestern: Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war,
um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen.
Jesus kämpft nicht und lässt nicht für sich kämpfen.
Er geht auch nicht mehr durch die Menschen hindurch weg.
Die Botschaft des Karfreitags
klingt anders als manche unserer Durchhalteparolen, die sagen:
Du darfst dich nicht aufgeben, du musst dagegen angehen.
Jesus weiß, wann es reicht, wann es reichen muss.
Hätten mehr Jahre seines Wirkens
seiner Botschaft noch Wesentliches hinzufügen können?
Hätten weitere Jahre das Blatt gewendet
und der Hass der aufgebrachten Menge wäre geringer geworden,
gar abgeklungen?
Dafür spricht nichts.
Deutlicher als die anderen drei Evangelien lässt Johannes durchblicken,
dass Jesus sich mit klarem Wissen freiwillig dem Tod ausliefert.
Er bleibt souverän, denn so steht er Richtern und Anklägern gegenüber.
Er lässt sich nicht das Leben nehmen, er gibt es hin.
Eine Botschaft dieses Tages ist darum auch:
Man darf aufgeben.
Man darf loslassen.
Vielleicht sogar der großen Geschichte wegen, die so ihren Lauf nimmt.
Natürlich wäre noch unendlich viel zu tun gewesen:
Heilungen, Reden, Gleichnisse.
So manche Herumdeuterei,
so manch verschiedene Auslegung ein und derselben Worte
hätte sich vielleicht vermeiden lassen.
Der Tod vollendet nie:
Immer gibt es ungesagte Worte, unausgedrückte Gesten.
Jesus lässt sich davon nicht binden: Es gäbe ja nie eine Zeit zu gehen.
Er weiß um seine Zeit, um seine Stunde.