Sonntag nach Weihnachten 2018 Lk 2, 41-52
Wo ist dein Platz?
Wieder hören wir von einer Wandergeschichte,
der Wallfahrt zum Paschafest nach Jerusalem.
Die Bibel ist voll von diesen Weggeschichten,
Weihnachten noch hörten wir eine,
wie im Grunde dieselben drei Menschen unterwegs sind,
das heißt Maria und Josef mit jemand Drittes,
der sich da Platz verschafft hat.
Maria trägt ihn unter dem Herzen.
Denn so ist das in unserem Leben:
da bricht immer etwas, mitunter jemand ein,
wir spüren es, erkennen es noch nicht,
denn anfänglich ist es nicht sichtbar, greifbar,
wir tragen es unsichtbar in uns, nah am Herzen,
eine Herzenssache, die Zeit braucht, Wachstumszeit;
und auf einmal – womöglich unter nicht so glücklichen Umständen –
kommt es heraus, nimmt sichtbare Gestalt an: Geburt.
Und alles wird anders – neu bestimmt, neu geordnet:
genau das, was wir mit Weihnachten verbinden!
In der Wallfahrtsgeschichte wird ebenfalls alles anders, neu bestimmt.
Oder Maria und Josef lernen und begreifen nach und nach,
dass Jesus seine eigenen Wege geht.
Sie suchen nach dem Kind, mit dem sie losgezogen sind,
das ihnen vertraut und zugehörig ist,
und merken, dass sie es verloren haben.
Natürlich ist es auch eine Pubertätsgeschichte:
Eltern merken irgendwann, wie ihre Kinder sich verändern, lösen,
eigene Wege gehen.
Verlustgefühle.
Hier im Evangelium ist es noch mehr:
Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muß, was meinem Vater gehört?
Wo ist dein Platz?
Der Evangelist Lukas verortet Jesus im Tempel,
und doch wird Jesus irgendwann sagen und leben,
was Er im Johannesevangelium der Frau am Jakobsbrunnen sagt:
Gott ist Geist und alle, die ihn anbeten,
müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten.
Entscheidend sind dafür nicht Gebäude,
es ist und bleibt eine Herzenssache.
Maria und Josef spüren, dass der ihnen Anvertraute nicht ihr Besitz ist.
Auch das, womit wir noch so eng verbunden sind,
weil wir es unter dem Herzen oder im Herzen tragen,
verändert sich, nimmt seinen Lauf.
Das Evangelium schafft es,
diese Veränderungen mit Gott in Verbindung zu bringen.
Ablöseprozesse, die Suche nach dem eigenen Platz
werden ausdrücklich mit Gott in Verbindung gebracht:
in Jesus erscheint diese Verbindung
als ein ununterbrochener Dialog mit Gott.
In dem sein müssen, was meinem Vater gehört:
für Jesus ist das keine Raumfrage,
denn Er räumt Seinem Vater den größtmöglichen Platz in Seinem Leben ein.
Das Leben mit Gott bleibt darum eine Wandergeschichte.
Selbst wenn wir bestimmte Orte aufsuchen,
die uns religiös wichtig sind,
das eigentliche, den eigentlichen tragen wir im Herzen.
Und da bleibt Er am Werk, ebenso,
wie Er am Werk war auf dem Weg der Eltern Jesu zur Volkszählung,
macht sich bemerkbar,
kommt auf die Welt – ohne jemals irgendjemandes Besitz zu werden.
Jesus gehört uns und der Kirche nicht,
der Glaube gehört uns und der Kirche nicht.
Der Gott, den wir mit allem Zweifel und aller Vorsicht „unser“ nennen,
„unser“, weil Er uns soviel zutraut und wir Ihm,
bleibt ein Gott des Weges:
jeden Tag neu.