3.Fa-So 2025 C Lk 13, 1-9
Vergleiche weist Jesus ab:
Es gibt keine größeren und keine kleineren Sünder,
obwohl Menschen das damals so dachten und empfanden
und vermutlich nicht nur damals.
Auch in unseren Zeiten nehmen wir wahr,
wie sehr Welt und Schicksal vieler Menschen
von wenigen Machthabern abhängen, die große Verantwortung tragen
und viele Menschenleben zerstören.
Legt sich der Gedanke von größerer und kleinerer Schuld nicht nahe?
Etwas Schreckliches passiert, da muss es doch einen Grund geben,
sonst würde Gott es nicht zulassen:
Den Einsturz des Turms am Teich Schiloach,
bei dem achtzehn Menschen starben,
oder die durch Pilatus ermordeten Pilger.
Schon heben sich die Zeigefinger der anderen,
schon grübeln sie,
was die Getöteten wohl in ihrem Leben verbrochen haben,
dass ihnen derart Schreckliches widerfährt.
Jemand verliert seine Arbeit oder sein Dach über dem Kopf,
jemand infiziert sich mit irgendwas – und Menschen wissen sofort,
wieso, weshalb, warum und haben ihre Antworten parat:
Selbst schuld.
Den Menschen, die sich mit derartigen Gedanken aufhalten,
die gern das Leben anderer erklären, auseinandernehmen und deuten,
allen Menschen sagt Jesus: Schaut bei euch selbst.
Es gibt kein besser oder schlechter.
Alle gehen Wege, die Gott aus dem Blick verlieren.
Alle sind wie der Feigenbaum im Weinberg, der keine Frucht bringt.
Die Jesus zuhörten wussten, dass sie mit dem Feigenbaum gemeint waren;
sie wussten, dass sie von der Geduld und Güte Gottes leben,
nicht von der eigenen Rechtschaffenheit.
Und wenn sie es nicht wussten, macht Jesus sie darauf aufmerksam
und schildert ein bemerkenswertes Bild von Gott.
Gott möchte das Beste aus den Menschen herausholen,
aber er handelt dabei nicht nach der Devise:
Der größtmögliche Profit ist entscheidend.
Er nimmt – im Bild des Gleichnisses gesprochen – weniger Gewinn in Kauf
und intensiviert stattdessen die Fürsorge und den Einsatz:
Boden aufgraben, düngen.
Chance geben, Zeit einräumen, nichts unversucht lassen.
Welch ein aktuelles Gleichnis.
Wo wir nur auf Profit aus sind, wird Leben dürr und unfruchtbar.
Wo wir nur leben lassen, was großen Erfolg verspricht,
geht nach und nach alles ein.
Wir verlieren die Menschlichkeit, wenn alles größtmöglich gelingen muss,
wenn alles bis zum letzten genutzt und vermarktet wird.
Wir erleben es mit den Ressourcen der Natur,
deren schonungsloser Verbrauch zerstörerisch wird;
wir ahnen es im menschlichen Miteinander,
das ohne Gnade, das ohne Barmherzigkeit unmenschlich und grausam wird.
Braucht nicht manches, was unfruchtbar erscheint und vergeblich, besondere Aufmerksamkeit?
Braucht nicht manches, was die Erwartungen nicht erfüllt,
ein intensiveres Hinsehen?
Und ist manches dürr geworden, weil es zu wenig Zuwendung erfahren hat?
Umhauen kann man den Feigenbaum immer noch.
Aber vielleicht muss es gar nicht sein, es könnte ja sein…
„Vielleicht“ und „es könnte ja sein“: Große Vokabeln in diesem Evangelium,
mit Handlungen des Winzers verbundene Worte,
der es für möglich hält, durch seine Arbeit das Blatt zu wenden.