B 23 2024 Mk 7, 31-37
Es wird viel geredet.
Viele Worte, viele Informationen dringen auf uns ein.
Mitunter können wir uns gar nicht schützen.
Dass soviel geredet wird, bedeutet nicht,
dass auch alle Worte Wirkung entfachen – was manchmal ganz gut ist,
denn nicht wenige sagen mit vielen Worten nichts!
Die Flut der Worte macht auch vor den Kirchen nicht halt.
Es wird viel geredet, geschrieben, gedruckt, plakatiert,
mit Worten gearbeitet – vielleicht zu viel.

Leere Worte, ein unsensibler Umgang mit Worten, eine Wortinflation
machen uns stumpf und führen zum Realitätsverlust.
Zu viele Meinungen und Informationen erschweren es zu erkennen,
was für mich gut ist, welches Wort für mich bestimmt ist.

Stummheit ist oft die Folge von Taubheit:
wenn mich keine Worte erreichen, werde ich „sprachlos“;
Sprechen ist immer zuerst Nachsprechen.
„Sprachlos“ kann ich aber auch werden, wenn mich zu viel erreicht,
wenn der Kopf voll, wenn der Kopf „zu“ ist – und ich werde stiller und stiller.
Oder ich beginne selber zu reden und zu reden,
ohne irgendetwas auszusagen…Hauptsache Worte…

Das heutige Evangelium vom Taubstummen
spricht von der „Fessel“ der Zunge:
„seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit“
wird der Moment der Heilung beschrieben.
Vieles kann uns die Zunge fesseln und Sprachlosigkeit verursachen; zahlreiche Redewendungen
sind Ausdruck solcher sprachlähmenden Erlebnisse:
„Mir verschlägt es die Sprache“
„Ich komme nicht zu Wort!“
„Man hat ihn zum Schweigen gebracht“
„Du redest einen tot“
„Ich habe nichts mehr zu sagen“
Nicht nur Taubheit kann die Zunge fesseln, auch Geschwätzigkeit,
die Übermacht anderer oder schreckliche Erfahrungen.

Das Evangelium überliefert ein heilendes Wort: Öffne dich!
Dieses Wort bekommt noch mehr Gewicht, wenn man bedenkt,
was auch hätte gesprochen werden können, aber nicht gesagt worden ist; Jesus sagt nicht:
Du sollst hören und sprechen können;
Deine Ohren, Dein Mund sollen gesund werden.
Er sagt: Öffne dich –
als wäre jemand als Person, in seinem ganzen Leben zugestopft worden oder hätte von innen dicht gemacht, um sich zu schützen.
„Jemanden den Mund stopfen“ – „jemanden mundtot machen“,
das ist nicht nur eine Sache des Mundes oder der Ohren.
Dies bedacht, wird verständlich, warum Jesus zur Heilung den Taubstummen nicht nur beiseite nimmt, sondern „von der Menge weg“:
wohl deshalb, weil ein innerer Zusammenhang besteht zwischen der Menge und der Krankheit des Taubstummen,
wohl deshalb, weil sich der Taubstumme in der Menge nicht öffnen kann.
Er braucht einen geschützten, einen nahezu intimen Raum,
wo die Finger in die Ohren gelegt
und die Zunge mit Speichel berührt werden kann.

Öffne dich: Jesus schafft dafür den geschützten Raum,
legt seine Finger in die Wunden, berührt die kranken Stellen –
öffnen muss der Taubstumme sich selbst.
Und er scheint es bei Jesus zu können.
Ob der geheilte Taubstumme
am Ende eingestimmt ist in die Geschwätzigkeit der vielen?
Ob er selbst Teil „der Menge“ geworden ist,
innerhalb derer Menschen wohl krank, nicht aber geheilt werden können?

„Er konnte richtig reden“: das Evangelium macht Hoffnung.

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