C 22 2019 Lk 14,1.7-14
Vor kurzem lernte ich zwei Männer kennen,
die einander vor zwei Jahren geheiratet haben.
Mittlerweile haben sie ein Kind adoptiert.
Sie hatten sich zur Hochzeit um eine kirchliche Segensfeier bemüht
und waren abgewiesen worden.
Damit haben sie unausgesprochen zu hören bekommen,
was derzeit kirchliche Lehre ist, aber kaum ausgesprochen wird:
Ihr dürft euch nicht lieben, denn eure Liebe ist nicht echt!
Und wenn ihr euch liebt, dann darf das nur platonisch sein.
In der Schöpfung ist entweder Homosexualität nicht vorgesehen
oder war ein Ausrutscher oder ist gedacht,
um das Opfer zu bringen, so zu sein aber nicht so leben zu dürfen.
Und darum werden nach wie vor von der Kirche homosexuelle Handlungen wie übrigens jede sexuelle Handlung außerhalb der Ehe
als Todsünde eingestuft.
Ich bin überzeugt davon, der große Gastgeber,
an dessen Tisch wir einmal für immer Platz nehmen wollen,
wird sagen: „Mein Freund, meine Freundin“ rück weiter hinauf.
Und ich glaube, er wird manchen Würdenträgern der Kirche zurufen:
Mach diesem hier Platz!
Denn die Liebe und Zuwendung Gottes
kommt in Jesus vor allem jenen zugute,
die gebrandmarkt sind, religiös abgewertet, ausgegrenzt,
denen man gebetsmühlenartig Lehrsätze sagt,
ohne sich ihre Lebensgeschichte anzuhören, denen man Unrecht tut, Menschen, für die man ein festes Bild hat.
Und ich bin überzeugt,
der große Gastgeber wird „Mein Freund, meine Freundin“, rück weiter hinauf auch zu Menschen sagen, deren Ehe – aus welchen Gründen auch immer – gescheitert ist und die das Glück haben,
eine neue Partnerin oder einen neuen Partner gefunden zu haben.
Komm. Nimm Platz.
Ich nehme dein Leben nicht auseinander; ihr habt genug durchgemacht, nicht mehr zählt, was gestern war.
Fang noch einmal neu an.
In manchen Beichtgesprächen oder anderen Gesprächen
erzählen Menschen von einer Abtreibung.
In wirklich ausnahmslos allen Gesprächen sind Schmerz und Scham, und bei aller Unterschiedlichkeit der einzelnen Geschichten
sind es immer verzwickte bis aussichtslose Situationen.
Ich glaube an einen Gastgeber,
der, mit den Worten des Evangeliums gesprochen,
„Arme, Krüppel, Lahme und Blinde“ einlädt,
dessen Tafel unendlich groß ist.
Komm. Nimm Platz. Denn du brauchst ihn.
Niemand hat etwas, um die Einladung Gottes zu vergelten.
Wer von uns hat denn verdient, von Ihm eingeladen zu werden?
Ob es eine Platzordnung gibt, wie das Evangelium für möglich hält, Ehrenplätze und hinterste Plätze, weiß ich nicht.
Ich glaube nicht.
Dass uns dennoch diese Ansicht hier begegnet,
hat eigentlich nur einen Grund:
die sich als verdient Einschätzenden müssen ihren Platz räumen für jene, von denen man annahm, sie hätten diesen Platz nicht verdient.
Bei Gott zählen andere Maßstäbe.
Geht es deutlicher?
Immerhin ist Jesus zu Gast im Haus eines führenden Pharisäers.
Und die Haltung der Pharisäer war jene,
genau zu wissen, was gottgefällig ist und was nicht,
was etwa am Sabbat erlaubt ist und was nicht.
Jesus zieht ihnen den Stuhl unter dem Hintern weg
und gibt ihm jenen, die nie geglaubt hätten, einen Platz zu bekommen.
Das kostet Ihm das Leben, Seinen eigenen Stand,
dennoch denkt Er sich so den Himmel, das Himmelreich, das ewige Leben. Und mit dem Glauben an die Auferstehung Jesu bekunden wir:
Er hat gesiegt. Er bleibt ewig, mit Seinem Wort, mit Seinem Glauben,
mit Seinem Himmelreich.
Wenn Kirche vom Himmel redet, ihn einladend machen will, verheißungsvoll,
sich als Dienerin des Himmels sieht,
dann wird sie allein durch eben solches himmlisches Handeln glaubwürdig. Was wir am Ende für alle erhoffen, wird dadurch Wirklichkeit,
dass wir es jetzt schon zu leben versuchen und einander gewähren.