22 B Mk 7, 1-8. 14-15. 21-23
Nein, es waren keine hygienischen Gründe, sondern rituelle Vorschriften:
das Waschen der Hände, das Abspülen von Bechern, Krügen und Kesseln.
Man wollte sicher sein, nicht mit etwas in Berührung zu kommen,
was durch die Hände von Heiden oder unreinen Menschen gegangen ist.
Uns Heutigen fällt das zu verstehen nicht leicht.
Dennoch waren es Regelungen, mit denen man sich schützen wollte
und auch glaubte, im Sinne Gottes zu handeln.
So ganz fremd dürften uns ähnliche Vorschriften nicht sein,
die man im Sinne Gottes interpretiert hat, wo es ebenso um Reinheit geht, und die uns auch noch geläufig sind:
das „Nüchternheitsgebot“ vor dem Kommunionempfang zum Beispiel,
die Enthaltsamkeit vor der Ehe,
und wahrscheinlich auch bestimmte Formen der Verehrung Gottes:
von Menschen wurde etwas abverlangt, was durchaus Sinn haben kann,
aber nur, wenn es Ausdruck des Herzens ist
und nicht aufgesetzte Pflichterfüllung.
„Sonntagspflicht“ ist im übrigen so ein verräterisches Wort gewesen –
die Heiligung des Sonntags, die Feier der Eucharistie –
das Herzensanliegen Jesu, in der er sich selbst gibt –
zur Pflicht erklären, als könnte man eine Liebesbeziehung
und all die Ausdrücke von Liebe zur Pflicht machen…

Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen,
aber sein Herz ist weit weg von mir – hören wir.
Jede Religionsausübung, jedes gläubige Tun steht in Gefahr,
sich in Äußerlichkeiten zu verlieren, herzlos zu werden.
Wir haben das in diesem Jahr sogar politisch erlebt,
als – eine Vermutung legt nahe, eher aus politischen Gründen –
gefordert wurde, in öffentlichen Gebäuden in Bayern ein Kreuz aufzuhängen.
Das Herz des Glaubens kann man nicht verordnen,
verordnet wird es missbraucht.

Dieses Evangelium birgt stattdessen Potential in sich,
Konfessionen und Religionen zusammen zu führen.
Wenn wir ehrlich sind, sind die meisten von uns deshalb katholisch,
weil sie in einem bestimmten Landstrich geboren sind –
und das gleiche gilt auch für die Religion.
Natürlich versuchen wir, das Gegebene anzunehmen,
manchmal gibt es einen Übertritt in eine andere Kirche
oder sogar in eine andere Religion.
Immerhin hat in solchen Situationen nicht mehr der Zufall allein entschieden,
dass, wo jemand geboren ist, über die Religion entscheidet,
sondern eine Suche und Auseinandersetzung.
Könnte uns dies nicht viel gelassener machen im Umgang miteinander
und mit – uns fremden – Verhaltensweisen?
Könnte und müsste uns nicht
die Unterschiedlichkeit in der Religionsausübung geradezu auffordern,
nach dem Herzen in all dem zu fragen,
weniger nach dem äußerlichen Lippenbekenntnis?
Was soll seinen Ausdruck finden in dem, was fremd erscheint,
anders, vielleicht auch verstörend?

Dieser Herausforderung,
nach dem Herzen zu fragen und nicht beim Äußeren zu bleiben,
begegnen wir immer wieder.
Die eingeführte Bezeichnung „Divers“ für Menschen,
die sich nicht eindeutig dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zuordnen lassen können oder wollen,
löst das Frotzeleien aus oder eben die Frage nach dem Herzen,
und all der Not im Herzen, das sich im eigenen Körper nicht Zuhause fühlt?
Oder:
„Mit der Homosexualität des Nachbarn konnte ich umgehen.
Aber als mir mein Sohn seine Homosexualität eröffnete,
konnte ich das kaum verkraften. Ich fiel in ein tiefes Loch“,
erzählt eine Mutter.
Äußerlichkeit schätzen wir in bestimmten Situationen immer noch höher ein
als das, was sich im Herzen von Menschen abspielt.

Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber sein Herz ist weit weg von mir.
Da ist das Herz nicht auf der Zunge,
aber was ist es, was dann auf der Zunge ist?
Wie bekommen wir Herz in die politischen Debatten,
wie bekommen wir Herz auf die Schulhöfe und in die Klassenräume,
wie bekommen wir Herz auf die Arbeitsplätze und in die Pflegeeinrichtungen,
wie bekommen wir Herz in die Kirchen?

Das ist die entscheidende und wichtige Frage, die zählt.
Nicht die Frage nach Hautfarbe und Geschlechterorientierung,
nicht die nach dem Nüchternheitsgebot,
und sich in der Tradition heraus gebildeten Formen der Gottesverehrung,
nicht die Frage nach Satzungen von Menschen
sondern die nach dem Gebot Gottes, das einzig eines der Liebe ist.

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