B 31 Mk 12,28b-34
„Und nur die Liebe zählt“
singen wir in einem Lied
mit Blick auf die Liebe, die wir mit Gott in Verbindung bringen,
mit Blick auf unsere eigenen Erfahrungen
und anknüpfend an das Hauptgebot der Gottes- und Nächstenliebe.

Genau hingeschaut leitet Jesus die Liebe ab.
Er beantwortet die Frage nach dem wichtigsten Gebot
zunächst nicht mit einem Auftrag, etwas zu schaffen,
sondern Er sagt: höre, nimm wahr.
So passiv sich das zunächst anhören mag,
so sehr ist wirkliches Hören eine Herausforderung.
Was ich höre und nicht selbst an Worten oder Geräuschen verursache,
ist unabhängig von mir da:
„Du bist uns nahe, noch bevor wir zu dir kommen.
Du bist bei uns, noch bevor wir uns aufmachen zu dir.“ beten wir;
weswegen Hören Wahrnehmen bedeutet, aufmerksam sein,
das, was ist, in sich hinein lassen;
wer hört, öffnet sich.

Aber echtes Hören ist ganz Ohr sein, bedeutet Anerkennung des Gehörten.
Das gelingt uns nicht unbedingt,
wenn wir nicht genau oder gar nicht zuhören,
wenn wir nur etwas aufschnappen und sofort meinen,
etwas dazu sagen zu können.
Hören bedeutet höchste Wertschätzung,
ich lasse mir etwas sagen.
Ich trage sogar dazu bei, dass der andere zu Wort kommt,
dass er sich ausdrücken und so aus sich herauskommen kann.
Hören ist nicht automatisch Zuhören.
Wer zuhört, taucht in die Welt des anderen ein,
er bleibt nicht bei sich;
er ergründet unter Umständen sogar,
warum der andere sagt, was er sagt,
insbesondere dann, wenn es vom eigenen Erleben stark abweicht.
„Urteile nie über einen anderen,
bevor Du nicht einen Mond lang in seinen Mokassins gegangen bist“
lautet eine indianische Redensart.

Bevor Jesus von der Liebe spricht, spricht Er vom Hören,
weil ohne echtes Hören, weil ohne Zuhören keine Liebe möglich ist.
„Wir ge-hören zueinander“ sagen Liebende.
Liebe beginnt damit, ganz Ohr für den Geliebten zu sein.
Dazu gehören Herz, Seele, Gedanken und Kraft.
Wem Hören und Zuhören eingeräumt oder geschenkt wird,
bekommt Bedeutung im Leben des anderen.
„Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr.“
Gott bekommt Bedeutung, wo Menschen Ihm zuhören,
sie erfahren Ihn als den aus sich Herauskommenden.
Die jüdische Religion wie die christliche
bezeugt den aus sich herauskommenden Gott:
im Wort der Bibel, im begegnenden Menschen,
und in der die Menschen umgebenden Wirklichkeit.
Hören ermöglicht die Liebe und bleibt ihre Grundeigenschaft.

In der Bibel ist über tausendmal vom Hören die Rede.
„Hört“ ergeht als Aufruf immer wieder.
Obwohl unsere Ohren immer offen sind
und rund um uns herum alles aufnehmen können,
brauchen wir Aufforderungen zum richtigen
oder zum entscheidenden Hören.
Denn wir können nicht allem zuhören,
wir können nicht alles, was uns umgibt, aufnehmen,
ohne überfordert zu sein.

„Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr.“
Du kannst nur einen deinen Gott nennen,
du kannst nur einen ganz nah an dich heranlassen, in dich hinein.
Jesus sagt uns:
wenn es der Gott der Bibel ist, dem du ganz dein Ohr schenkst,
dann hast du dein Ohr auch bei deinen Mitmenschen und bei dir selbst.

Vielleicht reden wir darum etwas weniger vom lieben
und dafür mehr vom hören.

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