B 27 2018 Mk 10, 2-12
„Wer nicht möchte, dass Menschen sich scheiden lassen,
der muss ihnen ein Bild vor Augen malen,
das sie an eine verbindliche Liebesbeziehung heranführt.“
lese ich in einer Betrachtung zu diesem Evangelium.
Der Schutz der Liebe besteht nicht darin,
einzig diesen einen Satz der Bibel zu wiederholen:
„Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.“
Schützen und schätzen hängen nicht nur sprachlich eng beieinander.
Im Evangelium wird das deutlich:
es ist vor allem ein Appell gegen jede Form von Willkürlichkeit
oder Unverbindlichkeit im Umgang miteinander.
Jesus fragt – anders als die Pharisäer – nicht nach dem, was erlaubt ist, sondern danach, was Gott in der Schöpfung grundgelegt hat.
Grundgelegt ist Beziehungsreichtum oder Beziehungshunger,
so dass das Buch Genesis Gott sagen lässt:
Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt.
Der Mensch braucht den anderen, die Ergänzung.
Im hebräischen Urtext des Buches Genesis
wird das sprachlich ganz deutlich:
Isch steht da als Wort für Mann, Ischa für Frau.
Würde man es übersetzen wollen – zugegeben, es klingt seltsam –
hieße es: Mann und Männin.
Unsere sensiblen Ohren
hören da natürlich eine männerzentrierte Sicht heraus,
doch die ist hier vermutlich überhaupt nicht gemeint.
Ausgedrückt wird vielmehr
die enge Verbundenheit zwischen zwei Menschen,
die Zusammengehörigkeit, die Ergänzung.
Sie wird auch dadurch deutlich,
dass das Wort „Adam“ auf hebräisch soviel wie Mensch bedeutet,
also kein männlicher Eigenname ist.
Anders gesagt: Adam ist dann kein Mann im geschlechtsspezifischen Sinn,
sondern der Mensch wird erst zusammen mit einem echten,
die Bibel sagt „entsprechenden“, Gegenüber erschaffen.
Ob eine solche enge Verbundenheit an die Verschiedenheit der Geschlechter
zwingend gebunden sein muss,
darf man durchaus als Frage stellen,
oder ob es nicht einfach um die Aussage geht,
dass der Mensch in einem anderen Menschen
(im Gegensatz zu den zuvor zugeführten Tieren)
seine Ergänzung findet.
Das zunächst und vor allem ist das Untrennbare,
das, was gar nicht zu ändern ist:
die Verwiesenheit des einen Menschen auf den anderen.
Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt.
Die Schöpfung ist erst vollendet,
wenn unter jedem Schöpfungstag das Wort des Schöpfers steht:
„Gott sah, dass es gut war.“
Liebe braucht Schutz.
In unseren Zeiten,
wo etwa genau dies auch von Menschen gewünscht und erbeten wird,
die als Frau eine Frau lieben oder als Mann einen Mann
könnte unser Glaubensbuch manches Bestärkende dazu beitragen.
Beziehungen schützen, weil wir sie schätzen.
Wer vom Reichtum der Liebe ausgeht,
vom Anfang der Schöpfung,
geht anders mit Scheitern um.
Das Mitleid über das Zerbrochene ist größer als die moralische Keule.
Wenn etwas zerbrochen ist, muss man hinschauen,
warum es zum Bruch kam,
die Betroffenen werden sich selbst fragen, was noch geht und was nicht,
und schmerzhaft ist es für alle Beteiligten.
So ist es an Jesus erkennbar:
immer lässt er Leiden an sich heran, lässt sich betreffen,
leidet mit, spricht Vergebung zu, sucht und ermöglicht den Neuanfang.
Er hält sich nicht heraus, hält nicht anderen teilnahmslos eine Predigt.
Und was ist der Grundton des Lebens Jesu:
Neuanfang ermöglichen. Dem dient jede Heilung, jeder Vergebungszuspruch.
Und alles wird sich ändern!