B 32 2018 Mk 12, 41-44
Jesus sitzt dem Opferkasten gegenüber und sieht zu.
Der rege Tempelbetrieb, das Kommen und Gehen,
das Vorüberziehen der Leute.
Jesus beobachtet, wie sich die Leute geben.

Wie sich jemand gibt:
denn das ist die Geschichte der armen Witwe am Opferkasten,
die nicht irgendetwas von ihrem Überfluss gibt,
das, was sie sowieso nicht braucht.
Sie gibt ihren ganzen Lebensunterhalt, eben sich selber: Sie gibt sich.

Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht,
ob jemand voll bei der Sache ist, sein Herz mit einbringt –
oder ob er nur etwas gibt von dem, wovon er sowieso mehr als genug hat.
Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht,
ob jemand nur irgendetwas gibt, was er los werden will,
weil es ihn stört oder schwer macht –
oder ob jemand gibt, woran er selber hängt,
was ihm kostbar oder vielleicht gar sein Leben ist.

Für Jesus ist offenbar nicht das Wichtigste,
dass im Opferkasten eine große Summe zusammen kommt,
egal, aus welch einer Quelle,
und egal, welche Geschichten an dem Geld kleben:
ob Überfluss- oder Mangelgeschichten.
Denn Jesus schaut nicht zuerst auf die Gabe, sondern auf den Gebenden;
anders als bei uns, die wir mit Zahlen rechnen, die Ergebnisse lesen,
die großen Summen anstreben.

Wenn zwei kleine Münzen einer armen Witwe
mehr sind als viel Geld der Reichen,
dann liegt dieser Sichtweise Jesu ein völlig anderer Maßstab zugrunde,
kein objektiver, der auf das Ergebnis blickt,
sondern ein subjektiver, der alles relativiert am jeweiligen Menschen
und an seiner Geschichte.
Nicht jeder kann und muss zu jeder Zeit gleich viel bringen oder leisten: weder materiell noch ideell.
Entscheidend allein ist, wie viel jemand von sich selber gibt,
nicht zunächst an Geld, sondern an Leben und Liebe.
Jeder Mensch hat sein eigenes Maß.

Jesus sitzt nicht nur dem Opferkasten gegenüber
und beobachtet und schaut.
Er sieht auch uns zu; sieht, was wir von uns geben an Worten und Gesten, an Hilfen und Herzlichkeit.

Wie gut, dass diese arme Witwe viele Geschwister hat:
dazu gehören bestimmt die großen Heiligen des November:
der hl. Martin und die hl. Elisabeth;
Menschen, die nicht groß reden,
sondern einfach und unkonventionell von sich selber geben:
den Mantel der eine, die Krone die andere.
Keine großen Dinge, kein Weltverbesserungsprogramm zeichnet sie aus – und doch wird die Welt besser durch solche Menschen,
sie wird heller und wärmer.

Wenn wir Jesus immer wieder mit dem Licht in Verbindung bringen,
Ihn sogar das „Licht der Welt“ nennen, dann auch genau darum:
denn hier leuchtet einer, der nichts von sich zurückhält,
der sich mit Leib und Seele, Verstand und Herz gibt.
Und weil Er sich ganz gibt, darum reicht Seine Hingabe für so viele, für alle. Käme es auf die Menge an, man könnte, man müsste fragen:
was soll einer für so viele schon ausrichten können…
Aber wer nicht zuerst auf die Gabe, sondern auf den Gebenden schaut,
sieht anderes:
er sieht, was von Herzen kommt –
und das allein zählt.

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