A 24 2020 Mt 18 21-35
Bei manchen Evangelien ist es ganz einsichtig,
dass darauf kein Mensch kommt.
Das gerade gehörte zählt dazu.
Die Frage des Petrus ist verständlich:
wie oft muss man vergeben?
Drei mal war in der jüdischen Tradition üblich,
Petrus erhöht schon auf bis zu sieben mal, weil er weiß, wen er da fragt.
Irgendwann reicht es – oder: jetzt ist Schluss – sagen wir.
Einmal, auch zweimal bemühen wir uns um Nachsicht,
aber wenn jemand unverbesserlich erscheint,
wenn es immer wieder passiert?
Die Antwort Jesu: verblüffend, unerwartet.
Bis zu siebzig mal siebenmal. Macht 490.
So weit zählt niemand. Dann müsste man ja Buch führen.
Einmal kann man sich merken, zweimal auch;
aber bis zu 490 mal? Unmöglich.
Es geht also nicht um Rechnerei, schon gar nicht um Berechnung.
Vergebung hat damit nichts zu tun.
Das heißt aber auch: Vergebung kennt keine Grenzen.
Das Gleichnis führt es aus.
Hören wir von einer Schuld von zehntausend Talenten,
reden wir umgerechnet von 12 Milliarden Euro.
Der König erläßt die Schuld.
Maßlos übertrieben, schon die Schuld von zehntausend Talenten.
Deutlich wird damit ausgedrückt:
für den König gibt es keine Schuld, die nicht vergeben werden kann,
so hoch sie auch sein mag.
Ist das nicht der Mensch vor Gott?
Nicht nur immer wieder schuldig werdend,
als könne man die Vergehen zählen,
sondern schuldig seiend?
Darauf angewiesen, dass jemand mit Güte darauf schaut,
nicht auf einzelne Vergehen, sondern auf das gesamte Leben?
Vielleicht auch, weil jeder Mensch spürt:
ich kann tun, was ich will, ich bleibe immer zurück,
ich bin nie fehlerfrei, es reicht nie, was ich tue?
Vergebung heißt, dass diejenige oder derjenige im Vergeben gibt,
das gibt, was fehlt.
Vergebung geht über Zählen und Ausgleichen hinaus.
Sollte es möglich sein, dass ein Mensch, der erfährt,
wie sehr er von der Vergebung lebt, selbst keine Vergebung gewährt?
Das Gleichnis hält es für möglich.
Und das bei einer vergleichsweise kleinen Schuld:
100 Denare zu zehntausend Talenten,
das ist das Verhältnis von knapp zehntausend Euro zu 12 Milliarden Euro.
Wer Vergebung erfährt, für den kann es keinen Grund geben,
selbst nicht Vergebung zu gewähren.
Vergebung hat mit Zählen nichts zu tun.
Wer zählt, denkt in den Kategorien von größer und kleiner,
mehr oder weniger.
Dann gibt es große und kleine Schulden.
Das mag in Geldangelegenheiten sein,
im Verhältnis des Menschen zu Gott nicht.
Petrus und alle, die von diesem Gleichnis hören, sollen etwas lernen:
sieh nicht auf das Maß der Schuld, berechne nicht;
sieh auf die maßlose Vergebung, die Gott gibt.
Und laß dein Handeln davon prägen.