Dreifaltigkeitssonntag 2019
Wir glauben an einen sich äußernden Gott.
Von Anfang an erzählt die Bibel von Ihm als einen,
der sich äußert, der spricht, der vor allem an-spricht.
Und Gott sprach: Es werde.
Gott ist nicht der Selbstgenügsame, der in einer anderen Welt Lebende,
der sich ab und an zu Wort meldet.
Wir glauben, dass Seine Stimme immerzu vernehmbar ist,
Seine Gegenwart erfahrbar, Sein Geist in der Welt wehend.
Gott ist Ansprache an den Menschen.

Sein Wort bringt nicht hervor, wie der Künstler hervorbringt,
der das, was in ihm ist,
gestaltet, formt und in die Welt bringt:
Künstler und Kunstwerk sind voneinander getrennt
und existieren unabhängig voneinander,
der Künstler schaut von außen auf sein Kunstwerk.
So verhält es sich nicht mit Gott und Seiner Schöpfung:
die Welt, das Leben sind nicht einfach ein Produkt Gottes, ein Werk,
sie sind Ihm Lebens- und Entfaltungsraum,
Er wohnt darin.
Das von Ihm Geschaffene, ins Leben gerufene ist nicht außerhalb von Ihm.
Es gibt kein oben und unten,
keinen Himmel als Wohnort Gottes
und keine Erde als Wohnraum der Menschen;
wer glaubt, das ist unsere Hoffnung, hat seine Bleibe im Himmel,
im Überall Gottes,
denn das ist der Himmel, Sein Überall.
„In Ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir.“
heißt es in der Apostelgeschichte.

Wir merken, wie unsere Sprache versagt.
Wir können von Gott nur widersprüchlich reden,
denn im wesentlichen ist Er unsagbar, unaussprechlich.
Wir glauben, dass Er sich selbst ausspricht,
aber eben in all den begrenzten Worten und Bildern,
die wir aufnehmen können, die immer zu eng und zu begrenzt sind.
Da ist derselbe Gott Vater und Sohn, Richter und Anwalt,
Rächer und Bräutigam, König und Kind, Meister und Gemahl,
allmächtig und ohnmächtig.
Widersprüchliche Wahrnehmungen –
unser Verstand kommt nicht weiter, dringt nicht durch.

Darum ist das Herz des Glaubens nicht die Wissenschaft,
die Theologie, die Lehre;
das Herz des Glaubens ist das Gebet.
Wer betet, will Gott nicht begreifen, er will Ihm begegnen,
wer betet, findet sich im Überall Gottes vor,
weshalb das Beten nicht an bestimmte Räume und Zeiten gebunden ist.

Das Dreifaltigkeitsfest oder Dreieinigkeit, je nachdem,
stützt sich nicht zuerst auf eine Lehre;
es stützt sich auf einen Lobpreis aus dem 4. Jahrhundert, auf ein Gebet,
so wie wir es bei jedem Kreuzzeichen bekennen:
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.

Wer betet, formuliert keine Lehren, sagt nicht, wie Gott ist;
wer betet, drückt sich selbst vor Gott aus,
bringt Erfahrungen ins Wort, Bitten.

Und vielleicht ist Gottes Ansprache an Welt und Menschen ebenso:
nicht zuerst gesagt, um daraus eine Lehre zu formulieren,
sondern um das Leben zu bilden;
nicht zuerst gesagt, um komplizierte Lehrsätze daraus zu formen,
sondern um jede einzelne und jeden einzelnen anzusprechen.

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