2.Fastensonntag Lk 9, 28-36
Sein Gewand wurde leuchtend weiß.
Es scheint etwas durch, blitzt auf.
Etwas Wesentliches wird sichtbar.
Das mit dem weißen Gewand
können wir in unserem Kulturkreis gut nachvollziehen:
das weiße Taufkleid, das weiße Festkleid der Braut
drückt für uns das Besondere dieser Tage aus,
die Anfänglichkeit, das unbeschriebene Blatt, die Festfreude.
Theologisch sagen wir zu dem leuchtend weißen Gewand,
dass es etwas von Epiphanie hat, dass das Göttliche durchstrahlt –
und so erleben es die Jünger ja auch,
sie sind gebannt, fasziniert, wollen festhalten, was sie gerade erleben.
So geht es uns immer, wenn etwas Wesentliches aufstrahlt:
wir möchten es behalten, bewahren, nicht davon ablassen.

Sein Gewand wurde leuchtend weiß.
Endlich wird etwas klar, endlich kommt etwas zum Durchbruch.
Natürlich ist das keine Kleiderfrage, es ist eine Wesensfrage:
wer bin ich, was und wer prägt mich, wo bin ich ganz ich selbst,
ganz der, der ich sein kann, ganz der, den Gott sich erdacht hat,
als Er rief: ich will, dass DU bist.
Ich will, dass Du DU bist.
Das ist ja wirklich eine Entwicklung, ein Weg, sich selbst zu entdecken,
sich selbst einigermaßen klar zu sehen,
die Übermalungen abzutragen, die andere aufgetragen haben,
die hingehaltenen Kleider, die nicht die unseren waren,
die großen Schatten, die jedes Leben beeinträchtigen,
weil keiner perfekt ist, weil jede und jeder Fehler macht
und sich all das in uns einprägt, uns kennzeichnet, belastet.
Umgangssprachlich nennen wir es Abnabeln, hinter uns lassen.
Kein Mensch ist einfach nur Kind seiner Eltern,
Übergangsglied im Stammbaum,
gezeugt, um es den Eltern recht und schön zu machen.
Nicht die Vergangenheit legt uns fest, die Herkunft,
das Nest, dem wir entschlüpft sind,
sondern die Zukunft, das Neue,
das Einzigartige, dass jede und jeder wirken kann,
das Gott durch jeden einzelnen zum Ausdruck bringen möchte.

Sein Gewand wurde leuchtend weiß.
Jesus scheint mit sich im klaren,
und die drei mitgenommenen Jünger erfahren es.
Eine Stimme sagt ihnen, wessen Sohn Jesus ist,
woher Er wirklich gekommen ist,
wer die wahrhaft treibende Kraft und Macht Seines Lebens ist.
Wer die Weite des Himmels über sich hat, wer sich der himmlischen Stimme,
der Stimme Gottes verdankt, der ist frei.
Wie frei Jesus agiert und redet, das wissen wir aus den Evangelien;
wie frei Er tatsächlich ist, das zeigt, wie Er sich festnehmen lässt:
menschliche Macht, die beherrschen und gefangen nehmen will,
beeindruckt Ihn nicht.
Die göttliche Annahme, die Jesus erfährt,
lässt Ihn nicht um menschliche Annahme,
um Applaus und Zustimmung kämpfen.
Er muss sich nicht anpassen, nicht verbiegen,
Er kann sich ganz ausdrücken, ganz im Wort, ganz im Leib sein.
Er ist frei davon, Bestätigungen zu erhaschen,
weil Er von Gott bestätigt ist.

Sein Gewand wurde leuchtend weiß.
Manchmal erleben wir so etwas: Menschen lassen erkennen,
was sie wirklich denken und fühlen,
überwinden die Angst, was wohl die anderen denken, sagen,
wie sie reagieren, wenn sich jemand ausdrückt, verwirklicht,
sein Inneres nach außen kehrt.

In Jesus finden wir Gottes Innerstes nach außen gekehrt,
ansprechend schön für Mose und Elija,
für Petrus, Jakobus und Johannes
und für alle, die sich mit hinauf nehmen lassen auf diesen Berg,
der uns frei macht von den Niederungen des Alltags,
von menschlichen Mächten,
die uns nach ihrem Gusto in der Hand halten möchten.

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