B 20 2018 Joh 6, 51-58
Kann man Jesus essen?
Nein.
Gerade auch mit Blick auf das heutige Evangelium fällt mir ein Wort
eines mittlerweile sehr alten Dogmatikers (Gottfried Bachl) ein,
der in seinem Buch über die Eucharistie die Frage stellt:
Wenn eine geweihte Hostie auf die Erde fällt, fällt da Jesus hin,
tut das Jesus weh? Und er die Frage klar mit Nein beantwortet.
Die Eucharistie ist nicht etwas Gegenständliches,
sie ist aber etwas Widersprüchliches:
Jesus legt sich im Zeichen des Brotes in unsere Hände,
aber wir haben Ihn nicht in den Händen.
Vielleicht sind die Erfahrungen, die im Johannesevangelium
in der sogenannten Brotrede reflektiert werden, ganz einfacher Art,
so lebensnah, wie wir sie auch machen,
zum Beispiel, wenn wir sagen:
in der Gemeinschaft schmeckt es besser.
Die Speisen sind die gleichen,
aber das gemeinsame Mahl macht mehr daraus.
Wir nehmen nicht nur das auf, was auf dem Teller ist,
wir nehmen auch die Menschen um uns auf.
Sie bereichern nicht nur,
sie machen aus der bloßen Nahrungsaufnahme ein Fest,
ihre Gegenwart verändert.
Das erlebten wohl die Jünger mit Jesus:
im gemeinsamen Mahl hingen sie Ihm an den Lippen,
empfingen nicht nur Brot, sondern Seine Gegenwart,
spürten, wie Er in ihr Leben eintrat, wie sie mit Ihm eins wurden.
Darum geht es ja vor allem bei der Eucharistie:
um die untrennbare Einheit:
wir sind als Empfangene sozusagen Gastgebende Jesu,
und wissen doch, dass Er der eigentliche Gastgeber ist,
an dessem Tisch wir sitzen.
Wir glauben, dass wir in der Eucharistie nicht nur Jesus empfangen,
dass Er in uns ist – sondern umgekehrt auch: dass wir in Ihm sind.
In der Regel gibt es keinen Kommunionempfang ohne das biblische Wort;
das Wort erschließt.
Die Kommunion nur aus dem Tabernakel gereicht, ohne ein biblisches Wort, verarmt zur Magie.
Erst wo Wort und Brot, Kopf und Bauch zusammenkommen,
berührt es den ganzen Menschen.
Und um den ganzen Menschen ging es Jesus immer:
die vielen Heilungsgeschichten veranschaulichen,
wie sehr Jesus den ganzen Menschen im Blick hat:
zum Wort kam oft eine berührende Geste, die ausgestreckte Hand.
Vielleicht helfen uns im Verstehen des heutigen Evangeliums
auch Formulierungen, die das Gesagte etwas übersetzen.
Wenn Jesus von sich als dem lebendigen Brot spricht,
dann bedeutet das doch:
Ich bin eine Nahrung für die Beziehung von Gott und Mensch.
Und von dieser Nahrung zehren bedeutet, Jesus ernst nehmen,
Seine Worte, die in Sein Fleisch und Blut übergegangen sind.
Fleisch und Blut stehen für den ganzen Christus,
so wie wir heute vielleicht sagen, Haut und Haar, oder der Psalmbeter:
Herz und Nieren.
Und es bedeutet, dass der Glaube an Jesus als Nahrung für das Leben
nicht nur in der Kirche bleibt, nicht nur etwas für den Sonntag ist
oder für fromme Gefühle;
es bedeutet, dass der Glaube den ganzen Menschen erfasst,
im sozialen wie im politischen,
im intimen wie im öffentlichen Leben,
dass er Fleisch und Blut bekommt im alltäglichen Leben,
unser Fleisch und Blut.
Der Mensch selbst wird zum Tabernakel, zum Zelt Gottes in der Welt.