A 16 2020 Mt 13,24-30
Nichts ist eindeutig:
Nirgendwo wachsen nur Ähren, Kräuter und Blumen.
Kein Mensch ist nur Weizen – kein Mensch ist nur Unkraut.
Immer ist beides da.
Leute mit Heiligenschein und Scheinheilige sind nah beieinander;
in uns selbst wachsen Unkraut und Weizen nebeneinander.
Das Gleichnis meint:
Der Weizen muss gesät werden, Unkraut wächst von selbst –
bzw. es sät der Feind.
Schon der Wind sorgt dafür,
dass der Samen des Unkrauts überall hinkommt,
über Nacht, ohne dass wir es sehen.
Jesus erklärt diese Realität nicht,
Er beschreibt sie und empfiehlt einen Umgang damit.
Denn es gibt Wirklichkeiten, die finden wir vor;
die verändern wir nicht,
so dass wir – getrost, aber sicher unversöhnt damit – sagen können:
es wächst, es gibt keinen Weizen ohne Unkraut.
Es gibt keine Jüngerschaft ohne Verleugnung,
ohne Verrat und Größenwahn,
es gibt keine Kirche ohne Fehler,
es gibt kein Christentum,
in dem ausschließlich der gute Weizen wächst,
es gibt keinen Menschen, in dessem Herzen nur Gutes wohnt.
Wer kann Unkraut vom Weizen trennen?
Wer kann es, wenn zwar über dem Erdreich sichtbar ist,
was wachsen soll und was nicht,
aber unterhalb der Oberfläche die Wurzeln miteinander verbunden sind?
„Lasst beides wachsen bis zur Ernte“.
Im Garten ist dieser Rat nicht nur fruchtbringend,
aber im eigenen Herzen schon.
Wir können uns nicht selber Unkraut frei und rein machen;
denn dann würde auch kein Weizen, nichts Nahrhaftes,
nichts Gutes in uns wachsen.
Es wüchse gar nichts!
Wir wüchsen nicht.
Denn Unkraut und Weizen wachsen so dicht beieinander,
wie wir es gar nicht sehen, wie es uns verborgen bleibt.
Jesus mutet uns etwas zu:
Wir können uns das Leben, den anderen Menschen, die Kirche,
uns selbst nicht zurecht schneiden.
Der Schaden dieser „nur guten“ Absicht wäre am Ende größer
als die Gelassenheit,
die im wachsen lassen bis zur Ernte anklingt.
Unsere Aufgabe ist nicht das Ernten, sondern das Säen.
Unsere Aufgabe ist nicht das Ausmerzen von Fehlern,
sondern das Tun des Guten.
Jesus selbst riskiert das.
Er merzt den Judas nicht aus unter Seinen Jüngern
und auch den Petrus nicht;
Gott selbst merzt die Welt nicht aus,
das ist die Botschaft schon auf den ersten Seiten der Bibel
in der Sintfluterzählung.
Gottes Antwort ist Geduld,
Weizen säen und wachsen lassen.