C 29 2019 Lk 18, 1-8
Dass die Welt mitunter von Menschen regiert wird,
die sich nicht zuerst an dem orientieren, was richtig oder falsch ist,
sondern deren Interesse der eigene Machterhalt ist und die eigene Kasse, das sind wir gewohnt.
Mit ihnen ist schwer zu leben,
sie haben nicht die Gerechtigkeit im Blick.
Jesus beschreibt mit diesem Gleichnis im Beispiel des ungerechten Richters zunächst einen Zustand,
den die Ihm Zuhörenden gut nachvollziehen können:
willkürlich getroffene Entscheidungen, Rücksichtslosigkeit –
heute sagen wir: Machtmissbrauch und Korruption,
sich alle vom Leib halten, die etwas möchten, denen Unrecht widerfährt,
die Hilfe brauchen, um gesehen zu werden,
damit ihnen Gerechtigkeit widerfährt.

Was bringt diesen Richter dazu, nachzugeben?
„Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht.“
Weniger Einsicht, vielmehr ein Einknicken.
Er will endlich Ruhe haben vor dieser Frau,
sie nervt ihn – und er bekommt mehr und mehr das Gefühl,
sie gibt nicht eher Ruhe, bis sie das hat, was sie einfordert.

Eine Witwe in der Bibel ist der Inbegriff der Ohnmächtigen und Gefährdeten. Sie ist ein Niemand, ein No-Body – gegenüber den Männern,
die Besitz und Ämter haben.
Frauen konnten nicht erben, Männer galten als das Doppelte,
der Lohn, den Männer erhielten, war dementsprechend doppelt so hoch.
Heute lehnen wir uns dagegen auf, zurecht,
aber so lange ist das noch nicht her mit den Frauenrechten;
selbst der gleiche Verdienst für Frauen und Männer bei gleicher Arbeit
ist keineswegs selbstverständlich.
Also hat sich der ungerechte Richter für die Menschen zur Zeit Jesu
gar nicht so unmöglich verhalten.
Es war so.
Undenkbar wäre eine solche Geschichte gewesen,
wenn statt eine Witwe ein Witwer sein Recht eingefordert hätte;
jeder Richter hätte sogleich nachgegeben.

Um so mehr verstehen wir, dass sich Jesus auch mit diesem Gleichnis
vielleicht Freundinnen macht, aber keine Freunde.
Beim Erzählen des Gleichnisses wird man sich gefragt haben:
wie mag das wohl ausgehen?
Es beschreibt einfach vielfache Realität, die man kennt und lebt,
die nichts Besonderes ist sondern Gewohnheit:
soll sie doch schweigen, die Witwe.
Das hat sich ja sogar eingeschlichen
in den Brief des Apostels Paulus an die Korinther:
die Frau soll in den Versammlungen schweigen.

Nein. Nicht schweigen. Lästig werden.
Und selbst wenn nicht mit Einsicht zu rechnen ist,
selbst wenn gesagt wird: „was will die? Das steht ihr nicht zu.
Das ist nicht so gedacht. Das Gesetz ist anders“;
selbst wenn man nur nachgeben wird,
um Ruhe zu haben oder um nicht öffentlich blamiert zu werden:
nicht nachlassen. Immer wieder auftreten.
Immer neu sich bemerkbar machen, einfordern.

Was lernen wir?
Wo zunächst nicht mit Einsicht zu rechnen ist,
kann sich Hartnäckigkeit auszahlen.

Und dann wagt Jesus Ungeheuerliches
im Kontext der Geschichte von diesem willkürlichen Richter.
Er bringt Gott ins Spiel.
Wenn schon der ungerechte Richter nachgibt, wieviel mehr dann Gott –
aber jetzt mit einem entscheidenden Unterschied,
der allen – unausgesprochen – klar ist:
Gott gibt nicht nach, weil Er sich denkt, dann habe ich Ruhe,
sondern Er gibt nach, weil bei Ihm die Gerechtigkeit wohnt,
weil Er allen Rückhalt gibt, die sich für Gerechtigkeit stark machen
und darum flehen.
Gott verschafft Recht; Er ist der Rechtschaffene.
Und alles Beten um Recht und Gerechtigkeit macht stark darin,
selbst rechtschaffen zu werden.

Damit jede Willkür und alle Ungerechtigkeit ein Ende haben.

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