B 16 2018 Mk 6, 20-34
Gibt es einen Grund, sich auszuruhen?
Natürlich.
Nach getaner Arbeit, wenn etwas zum Abschluss gekommen ist,
Anstrengendes erledigt oder wenn man einfach nur erschöpft ist.
Die Seele braucht ihre Brachzeit wie das fruchtbare Feld.
Wer gibt, muss auch empfangen.
So weit können wir sicher gut im Evangelium folgen:
die von Jesus ausgesandten Apostel kehren zurück. Feierabend.
Jesus lädt sie zur verdienten Ruhe. Füße hoch.
Aber man lässt sie nicht.
Für Gutes gibt es keine Grenze, die Welt ist nicht im Gleichgewicht.
Jesus schottet sich nicht ab.
Grenzziehungen sind nicht seins.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Er die Menge an Menschen,
die Ihn hören wollten, die auf Ihn ihre Hoffnung setzten,
als Last empfunden hat, die man möglichst rasch zurück schicken müsste.
Jesus wusste so sehr um sich,
dass Er keine Angst hatte, sich zu verlieren.
Sicher kann man nicht so ohne weiteres
die ganze Asylfragenproblematik mit einer Bibelstelle beantworten,
aber nachdenklich stimmt mich in diesem Zusammenhang
ein Wort von Norbert Blüm:
„Wenn 500 Millionen Europäer
„keine fünf Millionen oder mehr verzweifelte Flüchtlinge aufnehmen können, dann schließen wir am besten den Laden ,Europa‘
wegen moralischer Insolvenz“.
„„Asylanten“ sind keine Kartoffel- oder Mehlsäcke,
über deren sachgemäße Lagerung man streitet.
Es handelt sich bei den „Obergrenzen“
nicht um die Kapazitätsgrenze eines Kühlhauses für tropische Südfrüchte. Wir reden über Flüchtlinge wie über Sachen
und verstecken den Skandal der Herzlosigkeit in kalten Statistiken.“
(süddeutsche 12.07.2018)
Von Alfred Delp wird das Wort überliefert:
Ein Christ kann niemals Nationalist sein.
Bei Jesus zählten in Seiner Menschlichkeit
niemals Nationalität oder Religion,
Er sah einzig auf das Leid.
Darum berufen wir uns auf den grenzenlosen Christus,
wissen gerade das an Ihm zu schätzen,
erkennen genau darin die eigene Rettung.
Richtig ist, dass wir dagegen begrenzte Menschen sind und zurecht sagen:
wir sind nicht Christus;
aber andererseits wollen wir dann doch nicht nur Christen heißen,
sondern es auch sein;
wollen nicht wie der Mann im Gleichnis Jesu sein,
dem eine hohe Schuld erlassen wurde,
und der wegen ein paar Kröten
hartherzig gegenüber einem anderen Schuldner ist….
Das Empfangene weiter geben.
Christsein ist immer auch ein Ausloten:
wieviel Leid kann ich lindern?
Wo ist eine Grenze erreicht, die, wenn ich sie überschreite,
mich am Ende handlungsunfähig macht?
Und ist die Waage jemals im Gleichgewicht?
Letztlich und wesentlich ist Christsein eine Haltung.
Eine Haltung bleibt auch in der Müdigkeit,
auch im Gefühl der Überforderung.
Sie drückt sich aus in der Sprache, in der Herzlichkeit,
vielleicht auch in der Abwägung.
In den politischen Auseinandersetzungen wären wir mit dieser Haltung weiter
und in vielen privaten sicherlich auch.
Jesus lehrte sie lange.
Zuhören lohnt sich immer noch.