A 7 2020
Wenn wir gleich die Kirche verlassen,
dann wissen wir, dass wir uns auch am nächsten Sonntag
wieder zur Eucharistiefeier einfinden können.
Und innerhalb der Woche auch.
Und dass, selbst wenn mir die Uhrzeit nicht entgegenkommt,
ich in Hamm viele Möglichkeiten finde.
Was wäre, am Ende der Messfeier hörten wir:
die nächste Eucharistie feiern wir hier in einem Jahr,
vielleicht auch erst in zwei Jahren?
Dann hätten wir einen der Hintergründe,
den die Bischöfe auf der sogenannten Amazonas Synode
im Herbst des vergangenen Jahres dazu bewogen hat,
etwa mit 137 Ja Stimmen und 30 Nein Stimmen
für ein Diakonat der Frau zu votieren,
und mit 128 Ja Stimmen und 41 Nein Stimmen sich dafür auszusprechen,
dass verheiratete Diakone auch zu Priestern geweiht werden können.

Nun werden die sich auf der Amazonas Synode versammelt habenden
Kardinäle, Bischöfe und Experten allesamt auch Theologie studiert haben
und all die Gründe kennen, die etwa gegen ein Diakonat der Frau
oder gegen verheiratete Priester angeführt werden.
Dennoch votierten mehr als Drei Viertel anders
und zwar ausgehend von der Not in den Gemeinden
und aus Wertschätzung der Sakramente.
Wenn bei uns jemand das Sakrament der Versöhnung empfangen möchte,
kann er innerhalb von wenigen Tagen dafür einen Termin vor Ort bekommen
oder er fährt 20 km weiter nach Werl,
wo jeden Tag in der Wallfahrtskirche Beichtgelegenheit besteht.
Wenn schwer Erkrankte den Trost der Krankensalbung erbitten,
haben wir einen Bereitschaftsdienst,
der dieser Bitte innerhalb kürzester Zeit nachkommt.
Zeitnah bedeutet anderswo: vielleicht in einem Jahr.

Und jetzt frage ich Sie:
wo ist eigentlich unsere Solidarität mit den Gemeinden im Amazonasgebiet,
wo ist unser Eintreten für eine kirchliche Erneuerung auch bei uns?
Noch suchen die meisten Bischöfe Lösungen darin,
die pastoralen Räume immer größer zu fassen.
Was ist das schon für eine Geburt mit unseren ehemal sechs Gemeinden,
was wird das für eine Geburt in spätestens 12 Jahren,
wenn alle Hammer Gemeinden im Erzbistum Paderborn einen Raum bilden
mit deutlich weniger Priestern und Gemeindereferentinnen.
Und wo andererseits die Größe der Räume
und die geringere Anzahl der Priester
Messfeiern in der gewohnten Anzahl nicht mehr möglich sein lässt,
stoßen wir – auch hier bei uns – auf Menschen,
die andere sogar davon abzuhalten versuchen,
etwa einen Wortgottesdienst mitzufeiern, weil dies ja keine Messfeier sei.

Wir haben als Kinder die Bedeutung der Sakramente gelernt:
die Notwendigkeit der Taufe, die sonntägliche Eucharistie,
das Sakrament der Versöhnung in schweren und belastenden Situationen,
die Krankensalbung, um ein Zeichen der Gottesnähe
auch in der Krankheit erfahren zu können,
und all das riskieren wir, relativieren wir, geben wir auf
oder ermöglichen es so selten,
weil wir den Unterschied zwischen Frau und Mann höher einstufen,
weil wir verheiratete Priester nicht wollen?
Wir wissen, dass beides Regelungen sind,
die die Kirche relativ schnell ändern könnte,
sie würden die Substanz unseres Glaubens nicht berühren –
zumindest die Zölibatsfrage nicht.
Die Frage der Weihe von Frauen dann doch, und dies, wie ich finde, heilsam,
denn mit ihr verbindet sich die Frage nach unserem Gottesglauben:
glauben wir ernsthaft, dass der, von dem der Schöpfungsbericht sagt,
er schuf den Menschen als sein Abbild, als weiblich und männlich,
dass Gott – ich sag es jetzt ganz simpel – Frauen als Priesterin nicht will,
ausschließt, für unmöglich hält?
Ist es nicht eher so, dass auch eine Missdeutung des Schöpfungsberichtes
hier nachwirkt, wenn erzählt wird:
die Frau ist aus der Rippe des Mannes gebildet?
Was eher ein Bild der Einheit darstellen soll,
hat Auswirkungen auf eine männlich dominierte Gesellschaft
bis in unsere Tage hinein.
Wird da nicht vielmehr etwas, was ist, was als „immer so“ erscheint,
als Wille Gottes verstanden oder in den Himmel projiziert?

Zurück vom Himmel auf die Erde:
Erst ist uns gesagt worden, wie wichtig die Sakramente sind,
mit Ängsten verbunden, wenn ich an manche Nottaufe denke,
die Sorge der Eltern, was passiert, wenn ihr Kind stirbt,
bevor es getauft ist – und jetzt hören wir,
das wirklich wichtige, das Entscheidende, das Höchste geht nur,
wenn ein Priester da ist, ein Unverheirateter, ein Mann,
und wenn es immer weniger davon gibt,
dann gibt es das wirklich wichtige auch immer weniger –
oder soll man denken: dann ist es vielleicht doch nicht so wichtig?

Ich kann nur für größt mögliches Interesse
am sogenannten Synodalen Weg werben
der diese Themen mit erörtert, Lösungsvorschläge erarbeiten will.
Es betrifft uns in der Frage,
wie wir uns kirchliches Leben in Zukunft vorstellen,
es betrifft uns in der Frage,
ob wir von Kirche überhaupt noch etwas erwarten oder erwarten können
in wirklich schwierigen Situationen, in Lebenskrisen.
Schon jetzt nehmen die Zahlen
auch der nicht aus der Kirche ausgetretenen Menschen zu,
die sich nicht mehr von der Kirche beerdigen lassen.
Man erwartet nichts mehr. Wir werden deutungs- und bedeutungslos.
Andere können es besser – die Einschätzung,
weil Nähe verloren gegangen ist, weil Nähe in den großen Räumen
bei uns schon gar nicht lebbar ist, wie wir es uns wünschen.

Manche sagen: es bringt eh nichts mit dem Synodalen Weg.
Kann sein.
Aber das ist kein Grund, sich heraus zu halten, nicht jene zu stärken,
die mutig vom Bedürfnis und von der Not von Menschen her argumentieren
für eine erneuerte Kirche, in der es dann wirklich gleichgültig ist,
ob jemand Jude oder Grieche, Sklave oder Freier, männlich oder weiblich ist,
weil einzig das christliche Fundament zählt.

Wenn wir gleich die Kirche wieder verlassen,
dann wissen wir, dass wir uns auch nächsten Sonntag
wieder zur Eucharistiefeier einfinden können.
Was tun wir dafür, dass es so bleibt?

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