C 12 2019 Gal 3, 26-29
Seit dem Jahr 2016 gibt es die neue Einheitsübersetzung.
Und seit dem vergangenen Advent kommt sie nach und nach
auch – in den Sonntagsmessen zumindest schon – zu Gehör.
Es braucht Zeit, bis alle neuen liturgischen Bücher auf dem Markt sind.

Vielleicht ist Ihnen heute
in der Lesung aus dem Brief an die Galater etwas aufgefallen:
„Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie,
nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.“
In der alten Einheitsübersetzung hieß es statt
„es gibt nicht männlich und weiblich“
„es gibt nicht Mann noch Frau“.
Wer in der Osternacht die Schöpfungsgeschichte aus dem Buch Genesis
aufmerksam verfolgt hat,
wird auch da schon bemerkt haben, dass es nicht mehr hieß:
Als Mann und Frau schuf Gott sie,
sondern dass es in der neuen Übersetzung heißt:
Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie.
Zum einen geht diese Übersetzung näher an den Urtext heran;
zum anderen verbindet sich mit ihr aber auch eine Aussage:
Bild Gottes ist nicht Frau oder Mann allein,
Bild Gottes ist der Mensch an sich.
Seine Geschlechtlichkeit kommt nachrangig hinzu.
Genau diesen Gedanken greift der Brief an die Galater auf.
Juden und Griechen, Sklaven und Freie:
Paulus verwendet in seiner Aufzählung durchgehend Substantive.
Diese wird durch die Adjektive „männlich“ und „weiblich“ durchbrochen,
und dies vermutlich sehr bewusst.

In unserer Zeit wird unter dem Begriff „Gender“ viel diskutiert.
Interessant ist, dass in der Fachliteratur
die Häufigkeit einer uneindeutigen Geschlechtsbestimmung bei der Geburt
auf etwa 1:4500 bis 5500 geschätzt wird,
andere schätzen die Zahl der intersexuellen Menschen in Deutschland
auf etwa 0,2 Prozent der Bevölkerung.
Die neue Bibelübersetzung wird nach meinem Empfinden den Menschen,
wie sie sich in ihrer Geschöpflichkeit vorfinden, mehr gerecht.
Sie bestimmt Menschsein
nicht nach den Werten von Testosteron und Östrogen,
abgesehen davon,
dass sich diese Werte mit zunehmendem Lebensalter verändern…
Der Mensch an sich ist nie einfach nur Mann und Frau,
sondern er birgt männliche und weibliche Aspekte
in unterschiedlichen Gewichtungen in sich.
Das Mensch sein zählt.
Darum feiern wir auch nie die Mannwerdung Gottes in Jesus,
sondern Seine Menschwerdung.

Ich glaube, diese wortgetreuere Übersetzung der Bibel
kann uns in vielen Fragen unserer Zeit weiter helfen,
weil sie mit den Paulus Worten das alles Entscheidende
in der Nähe zu Christus sieht.

Alles andere zählt nicht:
weder Herkunft, noch Stand, noch männlich, noch weiblich.
Eigentlich setzt der Apostel damit unheimlich viel in Gang,
was auch in der Kirche noch der weiteren Realisierung bedarf,
nämlich den Weg zu beschreiten,
auf dem Verschiedenheit aufhört, Unterschiede zu machen,
weil das einer sein in Christus entscheidend ist.

(inspiriert von einer Arbeit von Dr. Werner Kleine)

Pin It on Pinterest

Share This