B 25 2018 Mk 9,30-37
Worüber habt ihr unterwegs gesprochen?
Jesus fragt die Jünger danach.
Und wahrscheinlich ist es nicht nur eine Momentfrage,
sondern eine grundsätzliche.
Unterwegs –
das bezieht sich nicht nur auf die Wege der Jünger durch Galiläa,
es bezieht sich auf das unterwegs sein der ganzen Kirche:
zu allen Zeiten.
Jesus spricht von Seinem Tod, von Seinem NIEDERgang,
die Jünger rätseln über ihren eigenen AUFgang,
wer von ihnen der Größte sei.
Gegensätzlicher können die Bewegungen, die Gedanken nicht sein,
und sie gehören nicht nur der Vergangenheit an:
ich weiß nicht, wie mit Blick auf dieses Evangelium
eine kirchliche Rangordnung Bestand haben kann.
Schließlich haben sich im Laufe der Jahrhunderte
die verschiedensten kirchlichen Eitelkeiten herausgebildet:
unterschiedlichste Titel und Kleiderordnungen sind äußeres Zeichen dafür
und signalisieren letztlich eine Art Hierarchie,
und die geht von unten nach oben.

In der Diskussion um die Missbrauchsstudie der katholischen Kirche
wird immer auch die Frage gestellt,
wie es möglich war, dass die Kirche bis in die jüngste Vergangenheit
zu wenig unternommen und Täter bloß kirchenintern versetzt
oder für eine gewisse Zeit aus der Arbeit herausgenommen hat.
Eine Antwort darauf ist,
dass man das Image der Kirche nicht habe beflecken wollen,
man wollte nach außen rein da stehen.
Letztlich jedenfalls stand die Kirche
damit nicht eindeutig an der Seite der Opfer,
sondern wollte eher sich selbst als Institution schützen –
und dabei ging es um die eigene Größe.

Gott „schaut uns an in den Betroffenen, den Geschlagenen,
den Verwundeten.
Deshalb braucht es einen neuen Aufbruch in dieser Kirche,
gegenüber den Betroffenen und Gott.“
hat Kardinal Marx in einer Stellungnahme zur Missbrauchsstudie gesagt.
Offensichtlich ist die Versuchung groß,
in den geschlagenen und verwundeten Menschen
eben nicht die Augen Gottes zu sehen
oder Christus als den Geringsten.
Die in diesem Sommer so furchtbar angeheizte Asyldebatte
geht in eine ähnliche Richtung:
lieber das Leiden von Menschen ausblenden und wegsehen,
damit die eigene Größe keinen Schaden nimmt.
„Wenn es ums Sterben im Mittelmeer geht,
finden inzwischen auch zivilisierte Bildungsbürger
gute Gründe fürs Nichtstun.
Die Migrationskrise ist zur Krise unserer Moral geworden.“
beginnt im Juli eine Kolumne im Spiegel zur Flüchtlingsdebatte.

Wer von ihnen der Größte sei:
Jesu Antwort ist eindeutig.
Er stellt ein Kind in die Mitte, nicht, weil es so schön anzusehen ist
und mütterliche oder väterliche Gefühle hervorruft;
Kinder besaßen im Altertum einen höchst niedrigen sozialen Status.
Falls Familien verarmten und Schulden anhäuften,
konnten Kinder in die Sklaverei verpfändet oder verkauft werden.
Kinder gehörten damit zu den schwächsten
und am wenigsten geschützten Mitgliedern der Gesellschaft.

In der Nachfolge Jesu gehen bedeutet darum,
die am wenigsten geschützten Menschen heute in die Mitte zu stellen.
In keinem Fall passt dazu die Diskussion um eigene Größe,
eigenes Heil und eigenes Wohlergehen.
Obwohl Jesus von Seinem Tod spricht,
obwohl wir uns um Ihn als den Niedergemachten,
als den Gekreuzigten versammeln,
ist die Frage nach der eigenen Größe und Unversehrtheit nicht verstummt.
Wir brauchen dieses Evangelium,
um unseren Blick in die Richtung zu lenken,
wo Christus selbst uns anblickt aus den Augen der Schwachen.

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