Christ-König-Sonntag
Ein Fest voller Gegensätze:
Unsere Lieder singen vom Reich ohne Grenzen, vom Herrscher,
vom mächtigen König, von Macht und Herrlichkeit –
das Evangelium lenkt unseren Blick
auf einen Angeklagten und Erniedrigten,
auf einen, der mit dem Rücken zur Wand steht,
der nichts mehr in Seinen Händen hält.

Ein Evangelium voller Gegensätze:
Zwei Männer stehen sich gegenüber,
die einander ziemlich fremd zu sein scheinen:
der eine sieht die Fakten, fragt nach den Taten –
der andere sieht die Hintergründe, fragt nach dem, was bleibt.
Der eine hat Angst um seine Position und um seine Stellung,
der andere überlässt sich, gibt sich auf.
Einer wägt sich in Sicherheit, fühlt sich am längeren Hebel,
der andere macht den wirklich souveränen Eindruck,
lässt sich nicht beeindrucken oder einschüchtern.

Ein Mensch voller Gegensätze:
Ein Mann steht im Mittelpunkt,
der selbst gegensätzliche Reaktionen hervorruft:
Zustimmung und Ablehnung, Liebe und Hass, Hinkehr und Abkehr.
Ein Mann steht im Mittelpunkt, der selbst gegensätzlich war:
Kind und König, Starker und Schwacher,
Friedliebender und Dreinschlagender.

Christkönig: wir sprechen von einem Menschen,
der ganz souverän inmitten einer Gerichtsverhandlung steht,
der in allem, was man an Ihn heranträgt und von Ihm will,
die Ruhe zu bewahren scheint.
Wir erfahren, woher Er diese Ruhe, diesen sicheren Stand hat:
„Mein Königtum ist nicht von dieser Welt.“ sagt der Angeklagte.
Ein Mensch begegnet uns,
der wohl mit beiden Beinen auf der Erde steht,
der aber darum weiß, dass in Wirklichkeit nicht die Erde,
sondern nur der Himmel trägt.
Ein Mensch begegnet uns,
der sich wohl gefangen nehmen lässt
von irdischen Mächten und Realitäten,
der aber in Wirklichkeit einzig von Gottes Macht und Wirklichkeit umfangen ist.
Christ-König: wer Inthronisation und Goldglanz erwartet,
wer ein schwingendes Zepter und Paläste sehen will,
kann enttäuschter nicht sein.
Aber halten wir es aus, die Mitte unseres Glaubens
im Schmerzensmann,
im Erniedrigten, im gebeutelten Menschen zu sehen?
Schon die begleitenden Lieder dieses Festes,
die Inszenierung manch anderer Feste im Kirchenjahr deuten darauf hin,
dass es uns leichter fällt,
den vollendeten Christus in der Glorie des Himmels zu feiern,
als den ohnmächtigen Jesus im Erdenstaub,
der von allem Menschlichen gezeichnet ist.
Wir streben nach Erhöhung – nicht nach Erniedrigung.

„Sieh nach den Sternen – gib acht auf die Gassen“
nennt Jörg Zink eines seiner Bücher:
„Sieh nach den Sternen – gib acht auf die Gassen“;
denn Christ sein ist beides:
sich freuen über die Würde der Gotteskindschaft,
aber auch die Ohnmacht des Menschseins spüren;
sich ausrichten an den Verheißungen des Himmels,
aber auch die grauen Wirklichkeiten des Alltags nicht zu übersehen;
die Königskrone über dem eigenen Haupt wahrzunehmen,
aber trotzdem den Staub der Erde nicht zu scheuen.
Christ-König: ein Fest, dass es in sich hat.
Es hält es für möglich, es schließt es nicht aus,
es geht sogar davon aus,
dass wirkliches Christsein nie frei von Anklage ist;
dass es zu allen Zeiten einen Pilatus gibt,
eine Menge, die nicht versteht,
und eine Wunde im eigenen Herzen.

Mein Königtum ist nicht von dieser Welt –
auch ein entlastendes Wort:
ich muss nicht der ständige Sieger sein;
auch Niederlagen lassen sich mit einer siegreicheren Würde tragen
als jeder noch so hohe Gewinn.

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