A 22 2020 Mt 16,21-27
Sicher meint Petrus es gut: Jesus darf nicht sterben.
Sein Leben ist so kostbar:
Er hat den Menschen viel zu sagen, und Er hilft vielen.
Vielleicht – ganz bestimmt – ist es schön für Petrus und für die anderen,
in der Gefolgschaft dieses Mannes zu sein,
eng an Seiner Seite all das zu erleben, was Er tut.
Denn was sie an Ihm und mit Ihm wahrnehmen,
bereichert auch ihr eigenes Leben.
Das Gute, der Gute muss unbedingt geschützt werden:
wer würde nicht so denken…
Als Jesus Seinen Tod ankündigt, ergreift Petrus das Wort.
Er nimmt nicht hin, was Jesus sagt,
später wird er sogar einem Knecht bei der Gefangennahme Jesu
das rechte Ohr abschlagen.
Er setzt alles daran, dass Jesus am Leben und bei ihnen bleibt.
Er will nicht, dass brutale Macht das Leben Jesu zerstört;
er will es für Jesus nicht – und er will es für sich selbst nicht.
Petrus will den Moment festhalten, ähnlich wie auf dem Berg der Verklärung.
Wenn schon einmal etwas zu leuchten beginnt,
darf nicht sogleich alles wieder dunkel werden.
Gerade scheint etwas im Aufbruch, im Anfänglichen,
ein jähes Ende wäre doch schier unerträglich.
Das Denken des Petrus ist nur zu menschlich:
das Gute, das Schöne wollen wir bewahren,
weil wir glauben, nur so bleibt es uns erhalten und wirksam.
Vermutlich ist das der Gegensatz, den Jesus andeutet,
als Er zu Petrus sagt: du hast im Sinn, was die Menschen wollen,
nicht, was Gott will.
Gutes lässt sich nicht um jeden Preis bewahren.
Der Augenblick lässt sich nicht festhalten, der liebste Mensch nicht;
Jesus nicht, Gott nicht.
Wer sein Leben retten, festhalten will, wird es verlieren – hören wir darum,
denn selbst „sich selbst“ kann man nicht festhalten.
Allein, wenn und weil wir uns fortwährend ändern, wachsen, entwickeln,
sind wir.
Petrus möchte nicht nur an Jesus festhalten,
er möchte Jesus selbst festhalten.
Dieser Unterschied ist bedeutsam,
auch für die sich anschließende Kirchenzeit bis heute
und ganz bestimmt auch über heute hinaus.
Wer an Jesus festhält, hört und bedenkt Seine Worte,
in einer bestimmten Zeit gesprochen, aus einer bestimmten Zeit überliefert
und fragt sich, was sie in der Gegenwart bedeuten.
Bei dieser Auseinandersetzung gilt es,
Zeitbedingtes von durch verschiedene Zeiten hindurch Gültiges zu trennen.
Wer Jesus selbst festhalten will,
hält vielmehr an seinem eigenen Bild von Ihm fest
und versucht dieses zu zementieren.
Kirche hat um diese Gefahr immer gewusst, wenn sie sagt:
niemand kann auf Dauer für sich allein glauben,
es braucht die Gemeinschaft, es braucht die Auseinandersetzung.
Es braucht die verschiedenen Sichtweisen und Zugänge,
es braucht auch die Korrektur, wenn sich einzelne verrennen.
Dass all dies ausgerechnet an der Person des Petrus verdeutlicht wird,
stellt einen besonderen Eintrag ins Stammbuch der Kirche
und im Leben all jener,
die in der Kirche einen besonderen Dienst übernehmen, dar.
Wer sich auf Jesus beruft, kann Ihn nicht wie einen festen Besitz verwalten,
er muss das Heft des Handelns schon bei Jesus lassen.
Er kann nicht krampfhaft nur bewahren wollen,
sonst hätte er nichts verstanden vom Leben,
das nur dadurch ist, wenn es in fortwährenden Wandlungen ist,
weil es ein immerzu sich vollziehendes Sterben und Auferstehen ist.