B 4 2021 Mk 1, 21-28
Er lehrte sie anders als die Schriftgelehrten –
das sagen die Menschen von Jesus.
Er hebt sich ab.
Was ist das Andere an Seiner Lehre?

Die Schriftgelehrten legen Lasten auf – so sagt es Jesus von ihnen.
Die den Schriftgelehrten zuhören, fühlen sich nicht erleichtert, nicht befreit.
Zu dem, was sie eh schon an Schwerem mit sich herumschleppen,
bekommen sie noch etwas aufgepackt.
Sie können aus der Misere ihres Lebens gar nicht heraus.
Vielleicht sollen sie das auch gar nicht,
denn wären die Schriftgelehrten dann nicht über?
Also schön ein Gefälle aufrecht erhalten,
darin besteht die Macht der Schriftgelehrten.

Schon mit der Menschwerdung Gottes in Jesus erkennen wir,
dass Er kein Wert auf Gefälle, auf Abstand, auf über- und untergeordnet legt.
Im Gegenteil: Er baut die Distanz ab.
Er legt keine Lasten auf, Er trägt sie selbst.
Keine Heilung, keine Vergebungsgeschichte
lässt an irgendeiner Stelle durchblicken,
dass Jesus Vorwürfe gemacht hätte.
Wem Er Vorwürfe macht, sind die vermeintlich Rechtschaffenen;
denen, die die Ehebrecherin zur Steinigung heranschleppen,
gibt Er zu erkennen, zu verstehen,
dass sie mindestens genauso schuldig sind,
keinen Grund haben, sich abzuheben, besser dazustehen,
Urteile zu vollziehen.

Vielleicht krankt unsere Kirche am meisten daran,
dass eine Schriftgelehrtenmanier nie aufgehört hat.
Sie lebt da auf, wo Menschen nicht Befreiung erfahren,
sondern Erschwernis.
Wenn eine Beziehung, eine Ehe zerbricht,
ist das nicht für die Betroffenen schon schwer genug?
Werden sie nicht hin- und her überlegt, dies und das versucht haben?
Wenn sie dann neu beginnen, endlich, vielleicht sich neu verlieben,
wie begegnet ihnen Kirche, mit welch einer Haltung, Einstellung?

Mir scheint ein bedeutender Unterschied
zwischen Schriftgelehrtentum und der Weise, wie Jesus lehrt,
in der Sichtweise auf Welt und Leben zu liegen.
Jesus nimmt die Welt, wie sie ist,
und Er nimmt das Leben von Menschen, wie es ist.
Darin liegt manches im argen, vieles läuft nicht glatt.
Sein Umgang damit ist nicht Vorwurf, sondern Güte.
Während die Leute Seiner Zeit, vermutlich jeder Zeit, rätseln,
warum es so ist, wie es ist,
bei Krankheiten etwa, hier bei dem vom unreinen Geist Besessenen,
in der Annahme, das liege an persönlicher Schuld
oder an der Schuld seiner Vorfahren,
stellt Jesus diese Frage an keiner Stelle.
Sie führt zu nichts. Sie ist unbeantwortbar. Sie hilft nicht.
Bedingungslos wendet Er sich zu.

„Nur was man annimmt, kann gewandelt werden.“
lautet ein alter Grundsatz.
Jesus scheint nach dieser Devise zu handeln;
und Gott selbst scheint in Jesus nach dieser Devise zu handeln.
In der Annahme unserer menschlichen Natur
bricht Sein göttliches Leben in unserem Alltag an.
Weil Er sich den Gesetzen der Zeit unterwirft, sie annimmt,
hat Er alles neu geschaffen – beten wir in den Weihnachtstagen.

Er lehrte sie anders, Er ist anders als die Schriftgelehrten.

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