Allerheiligen 2019
Wollen Sie heilig werden?
Seltsame Frage – oder?
Nicht nur, weil wir uns diese Frage höchst selten,
ich vermute sogar, gar nicht stellen.
Würden wir gefragt: willst du glücklich werden, zufrieden sein,
im Leben zurecht kommen, immer die Hoffnung bewahren…
darauf zu antworten viele – mir zumindest – leichter.
Aber heilig werden?
Die asketischen Ordensfrauen und Ordensmänner,
die vielen Lebensgeschichten, die gar nicht die unsrigen sind,
die zahlreichen Heiligenbildchen,
mal süßlich, mal kitschig, blutleer, abgerückt, legendär,
wecken nicht gerade den Wunsch nach Heiligkeit.

Sind Heilige sympathisch?
Natürlich gibt es die sogenannten „Volksheiligen“:
Hubertus, Christophorus, Florian, Franz v. Assisi, Hildegard v. Bingen, Katharina v. Siena, Elisabeth, Martin, Nikolaus, Antonius von Padua.
Aber prägen sie in irgendeiner Weise unser Leben?
Haben sie Bedeutung über Folklore oder eine anrufende Bitte hinaus?

Die Welt der Heiligen ist eine eigene Welt.
Wir nennen die Heiligen mitunter Vorbilder
oder lebendige Glaubensbeispiele, eine Zeitlang firmierten sie unter Idole,
aber das zeugt auch nur davon,
dass wir uns mit dem Begriff „heilig“ schwer tun.
Ein Grund ist sicher die schon erwähnte Weltfremdheit,
der Abstand mitunter von Jahrhunderten, der uns von ihnen trennt.
Unsere Fragen sind andere.
Wir merken mehr und mehr,
dass etwa in unserer Zeit ein Sterben für den Glauben
die Welt nicht friedvoller macht,
sondern dass wir viel mehr Brückenbauende brauchen zwischen Religionen,
Völkern und Kulturen.
Unser Gespür,
dass – im Bild gesprochen – die „Steinigung des Stephanus“
endlich ein Ende haben muss,
unser Gespür,
dass Religionen und Menschen nur miteinander stark sein können, wächst.

Ein anderer Grund, weswegen wir uns mit dem Begriff „heilig“ schwer tun,
ist vielleicht ein respektvoller.
Ich doch nicht – verbunden mit der Frage:
worin bin ich denn schon ein Vorbild?
Wo ist in meinem Alltag etwas Beispielhaftes?
Wer käme auf die Idee mit Blick auf mein Leben,
darin etwas wirklich Nährendes für seinen Glauben zu finden?

Aber genau das verdeutlicht, dass wir die Heiligkeit verzweckt haben.
Klassisch schon mit den sogenannten 14 Nothelfern,
der Praxis, Heilige in bestimmten Lebenssituationen anzurufen.
Heiligkeit muss zu etwas nutze sein:
Antonius, dass er mir hilft, etwas verloren gegangenes wieder zu finden,
Florian in Brandgefahr, Nikolaus für diverse Feiern…
Ist das Leben, nur unter einem bestimmten Blickwinkel
gesehen und gefragt zu werden –
und umgekehrt: ist das Leben, für jedes unterschiedliche Bedürfnis
einen eigenen Menschen, fromm gesagt: einen eigenen Patron zu haben?

Wollen Sie heilig werden?
Ist es nicht vielmehr so, dass wir uns jeden, der da mit Ja antworten würde,
genau anschauen würden?
Die Frage taugt eigentlich nur dazu,
dass wir uns über das Gedanken machen, was wir mit heilig verbinden.

„Du allein bist der Heilige“ beten wir im Gebet des Gloria
und meinen damit Gott.
Genügt das nicht?
Genügt es nicht, in Gott alle Heiligkeit zu finden?
Ja, es genügt.
Menschen, die uns auf diese Spur setzen:
in ihnen leuchtet etwas von der Heiligkeit Gottes auf.
Sie sind gemeint, wenn wir von Heiligen sprechen,
ob wir sie heilig nennen oder warten, bis sie jemand heilig spricht,
hat keine Relevanz.
Relevanz hat, was unser Leben zum Licht hin lenkt, zum Guten,
zu Frieden und Versöhnung, zum Menschen und damit zu Gott.

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