Gründonnerstag 2025
Es kann demütigend sein, einen Dienst zu empfangen.
In der Regel fürchten wir den Tag,
an dem wir allein nicht mehr zurecht kommen und Hilfe brauchen,
den Tag, an dem wir nicht mehr selbst für uns sorgen können,
wo wir möglicherweise eine Gehhilfe brauchen
oder gewaschen werden müssen.
Wir möchten es nicht wahrhaben, wir möchten es vermeiden.
Es ist uns nicht recht.
Wir schämen uns.
Das soll niemand für uns tun müssen.
Wir möchten nicht ausgeliefert sein, so soll uns niemand sehen:
Bedürftig und schwach.
„Niemals sollst du mir die Füße waschen!“
Petrus möchte das nicht – die anderen vermutlich auch nicht.
Unwürdig für den Meister, unangenehm für die Jünger.
Warum eigentlich?
Der bislang eingenommenen oder angenommen Rollen wegen?
Sind diese Rollen so klar?
Wenig später werden die Frauen und die Jünger
Jesus hilflos sehen, ohnmächtig, bloßgestellt, erniedrigt.
Und sie werden ihm nicht helfen können.
Es reicht gerade mal für ein Schweißtuch Tupfer
und für ein paar Meter Kreuz tragen.
Sie werden ihn würdelos behandelt sehen aber gleichzeitig erleben,
dass ihm niemand die Würde nehmen kann.
Auch das ist eine Botschaft dieser Tage:
Nicht die Position, die jemand einnimmt oder inne hat, ist von Bedeutung,
sondern wie jemand sie mit Würde füllt und lebt.
„Niemals sollst du mir die Füße waschen!“
Wir lieben unsere Selbständigkeit, wenn wir auf niemanden angewiesen,
wenn wir mit allen Wassern gewaschen sind.
Wir lieben es, aktiv zu sein, die Fäden des Lebens in der Hand zu halten.
Stärke (ist gefragt)!
„Der Stärkere überlebt“ schreibt Charles Darwin 1869.
Aber gänzlich fremd ist uns nicht,
dass ein Dienst an Schwache und Hilflose
genauso denjenigen, die Hilfe leisten, ein Gefühl von Würde schenkt,
wie denjenigen, die Hilfe empfangen.
In schwachen Augenblicken, in schwachen Zeiten ernten wir andere Früchte,
auf ihre Weise nahrhaft über den Augenblick hinaus;
Früchte einer ganz anderen Güte.
Jesus tischt diese Früchte auf im Abendmahlssaal, als er das Brot bricht.
Er weiß, mit welchen Menschen er da zusammen sitzt: Helden sind es nicht.
Und dass sie seine Anliegen verstanden hätten,
dass sie restlos überzeugend wirken könnten,
kann man bis dahin – und vermutlich bis heute – nicht sagen.
Vielleicht ist das Zeichen des Brotbrechens
darum nicht nur ein Zeichen für Jesus selbst, um ihn darin zu erkennen;
vielleicht ist es auch ein Zeichen für alle, die es nachvollziehen oder sehen,
sich selbst darin zu erkennen:
Das Runde, das Perfekte, das Unversehrte, das immer so Bewahrte,
das Harte, das Glatte, das Unkaputtbare
wird dem Leben und unserer Wirklichkeit nicht gerecht.
Wir würden, wären dies Ideale, daran zerbrechen.
Gebrochen werden kann Tod bedeuten – aber nicht das Ende;
Gebrochen sein kann schmerzen – aber zugleich eine Geburt einleiten:
Der Keim kommt, wenn die Schale aufbricht.
„Niemals sollst du mir die Füße waschen!“
Doch. Bitte. Hör nicht auf damit.
Und lass mich erkennen, was ich dir tun kann,
auch wenn es keine Heldensprünge sind.
Aber etwas vermag ich mit Würde zu tun:
Dir und denen, in denen ich dich finden kann.
Alter -Würde – Demut
Mein Vater sagte zu mir, als ich ihn Im Altenheim mal besuchte: Vergiss es, mit Würde alt werden, ein schöner Spruch, du gibst hier deine Würde ab. Er war freiwillig in dieses Altenheim gegangen, er war bereit sich den Forderungen seines Alters zu stellen, er war bereit, Hilfe anzunehmen. Doch es war sehr schwer. Und nicht immer, wurde er mit Würde oder Achtung behandelt. Jetzt bin ich alt, 75, noch komme ich zurecht. Ich lebe täglich mit dem Lieblingswort meines Mannes: Demut. So manches Mal spüre ich schon, einiges, was mir früher leicht fiel, kostet mehr Kraft inzwischen. Ich bin froh, wenn ich annehmen kann, was ich nicht ändern kann. Wie es mit meiner Würde später aussehen mag, wer weiß.