B 12 2024 Mk 4, 35-41
Mitunter finde ich die Geschichte zu schön um wahr zu sein.
Jesus spricht ein Wort – und alles wendet sich.
Es trat völlige Stille ein –
das wünsche ich mir in aufwühlenden Gedanken und Fragen,
die mich beschäftigen und die nachts mehr bedrängen als tagsüber.
Es trat völlige Stille ein –
das wünsche ich mir überall dort, wo Waffen den Ton angeben
und Schreie von Angst, Schmerz und Trauer nicht verstummen.
Es trat völlige Stille ein –
das wünsche ich mir in manch fruchtlosen Diskussionen,
in manch politischen Reden, die kaum Lösungen bereit halten.
Völlige Stille.

Ich frage mich, ob diese Stille, die von Jesus ausgeht,
nicht auch schon vorher von ihm ausgegangen ist –
müsste sie doch eigentlich, wenn eigens berichtet wird,
dass er hinten im Boot auf einem Kissen lag und schlief.
Ist das nicht ein stilles Bild?
Warum hat es nicht die befriedende Bedeutung wie das anschließende Wort,
mit dem er Wind und See zum Schweigen bringt?
Oder ist es kein Gegensatz?

Ich glaube, der Schlaf Jesu
und sein anschließendes Wort der Beruhigung von Wind und See
gehören zusammen, sind vielleicht sogar ein- und dasselbe.
Denn es gibt Situationen, die werden durch kein dagegen Anrudern besser,
durch keinen Gegenkampf,
sondern sie verlieren wie von selbst ihre Bedrohung –
und alles dagegen Angehen hätte nichts verändert, eher verschlimmert.

Von einem Weisen aus dem 6. Jh. vor Christus wird das Wort überliefert:
„Tue nicht und alles ist getan.“
Nicht tuen unterbricht und gibt eine Atempause.
Nicht tuen schafft mehr als bloßes Reagieren.

Dieser Tage erzählte mir jemand, er habe zu Hause ein rotes Kissen.
Dieses erinnere ihn an das Schlafen Jesu im Boot –
und in unruhigen Situationen, in beängstigenden,
in Nächten, die sich endlos langziehen,
in Herausforderungen, die richtig an die Nieren gehen,
drücke er dieses Kissen an sich.
„Es geht vorüber“ – ist die Botschaft dahinter,
Stürme nehmen auch wieder ab.

Wenn Gespräche heftig werden, kann sich durch Schweigen,
durch einen Augenblick sich zurückziehen, durch Nicht tuen
alles ändern.
Wenn mir das Wasser bis zum Hals steht, wenn Aussichtslosigkeit da ist,
kann ein nicht eingreifendes Warten helfen.

Ich erinnere mich an einen mittlerweile verstorbenen Priester und Professor zu meiner Studienzeit,
dem ich manches sagen konnte,
was ich nicht jeder oder jedem erzählt hätte.
In einem Gespräch, als es darum ging,
wie ich mit Gedanken von Sinnlosigkeit und Traurigkeit umgehen kann,
sagte er von sich:
Ich lege mich in solchen Situationen hin – und sage mir:
Da kannste jetzt nichts machen. Es geht vorüber.

Vielleicht hat es Sinn, für solche Momente ein Kissen zu haben.

Pin It on Pinterest

Share This