5. Ostersonntag B 2021
Frucht bringen.
Ein nahezu natürliches Bedürfnis.
Denn Fruchtbarkeit gibt dem eigenen Leben Sinn:
Die Fruchtbarkeit in der Nachkommenschaft, in den eigenen Kindern
erfüllt das Leben der Eltern.
Die fruchtbare Schaffenskraft der Künstlerinnen und Künstler
wirkt auf sie selbst Sinn stiftend zurück,
geerntete Früchte im Berufsleben ebenso.
Gerade in dieser Corona Zeit erleben wir,
wie Menschen darunter leiden, wenn sie ihren Beruf nicht ausüben können,
keine Erfolgserlebnisse haben, wie sehr dies in Sinnkrisen stürzen
und die seelische Gesundheit gefährden kann.

Wir möchten Frucht bringen, wir möchten Früchte ernten.
Fast ist es wie eine „Legitimation“ unseres Seins,
wenn wir zu etwas Gutem, zu etwas Schönem,
wenn wir überhaupt zu etwas nützlich sind, was uns selbst überdauert:
ein Zeichen dafür, dass wir nicht nur für uns selbst leben,
sondern dass Leben Kommunikation und Austausch ist,
empfangen und weiter geben.
So verstandenes Frucht bringen dient keineswegs dazu,
Wert und Würde eines Menschen zu bemessen,
als würden die Erfolgszahlen für einen besseren Menschen sprechen;
so verstandenes Frucht bringen ist vielmehr Gesetz des Lebens selbst.

Als Kirche erleben wir derzeit keine fruchtbare Zeit.
Die Früchte wachsen nicht, wir sehen kaum etwas reifen.
Das zahlenmäßig erhebliche kleiner werden in der Kirche
ist ein Schrumpfen und bedeutet auf Dauer bedeutungslos werden
und Eingehen.
Der Stadtdechant von Münster sagte diese Woche in einem Interview:
„Ich bin davon überzeugt,
dass dieser Exodus theologisch und praktisch eine Katastrophe ist!
Denn es bedeutet: Wir werden unserem Auftrag,
den Menschen ein Zeugnis von Gott zu geben, nicht gerecht.“

Selbst wenn wir mit Blick auf das Kreuz Jesu
den Religionsphilosophen Martin Buber als Trost zitieren mögen,
der einmal gesagt hat: „Erfolg ist keiner der Namen Gottes“,
so stimmt es doch auch, dass nur bleibt, was oder wer Frucht bringt.
Das ist ja mit dem Kreuz Jesu nicht anders:
brächte es keine Früchte, würde niemand mehr davon sprechen.
Aber wir sprechen davon, wir leben davon und damit
und sind dadurch selbst in gewisser Weise Frucht.
An wen, wenn nicht an Menschen, kann man, muss man erkennen,
ob die Menschwerdung Jesu, Sein Leben und Sterben, Sinn hatte?
Wären nicht die Frauen am Ostermorgen gewesen,
die Jüngerinnen und Jünger, wären nicht immer Menschen gewesen,
die erfahren haben und bezeugen:
Jesu Botschaft ist stark, sie spricht mich weiter an,
Sein Leben ist durch Sein Tod am Kreuz nicht ausgelöscht oder unwahr,
wäre es schnell vorbei gewesen.

Dass es nicht vorbei ist, hat einen Grund.
Diesen Grund nennen wir Auferstehung.
Und Christen haben dieses Wort von Anfang an verwand:
wir reden von, wir glauben an Auferstehung,
und das ist etwas grundlegend anderes als Wiederbelebung.
Mit Ostern geht es nicht da weiter, wo es Karfreitag geendet hat;
Ostern bedeutet ein kompletter Reset
und die bedingungslose Rückbesinnung auf das Evangelium.
Darum werden die Frauen und die Jünger nach Galiläa geschickt,
dorthin, wo alles begann.
Jedes der Worte Jesu soll neu gehört und gelebt werden.

Der komplette Reset von Ostern
bedeutet mit den Worten des heutigen Evangeliums:
Abschneiden von Reben, die keine Frucht bringen,
Reinigen von Reben, damit sie mehr Frucht bringen.
Wir können als Kirche nicht wieder beleben, was abgestorben ist,
dann blieben wir am Grab stehen.
Wir müssen uns trennen vom Abgestorbenen
und zu Zeuginnen und Zeugen all jener Ereignisse und Geschichten werden,
in denen der Geist Jesu lebendig ist:
draußen auf den Straßen und Plätzen,
wo schon einmal alles begann und immer wieder beginnt.

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