2. Advent 2022 A Mt 3, 1-12
Johannes gelingt es auch heute noch, unruhig zu machen.
Seine drastische Wortwahl, sein herbes Auftreten, seine Kleidung.
Unangepasst und unbestechlich tritt er auf.
Nicht umsonst ist sein Ort die Wüste.
Er hat keine Verankerung in unserem adventlichen Brauchtum.
Man erzählt sich von ihm keine Legenden wie etwa vom hl. Nikolaus,
es gibt keine Johannes Figuren aus Schokolade.
Würden wir ihn in der Weise, wie wir den Advent begehen, vermissen,
wenn wir nicht von ihm hörten, würden wir vielleicht sogar aufatmen?

Viele Menschen damals haben ihn anders empfunden.
Sie suchten ihn auf, sie ließen sich von ihm rufen.
Seine Worte setzten sie in Bewegung, sie erzeugten Resonanz.
Das eine ist, dass jemand ruft,
das andere ist, dass Menschen dem Rufen folgen.
Ich glaube, es hat mit der Person des Johannes zu tun.
Er überzeugte,
anders als viele Rufende, die ein Programm abspulen
und sich selbst nicht an das halten, was sie anderen zurufen.
Johannes sagte man keine Glaubwürdigkeitskrise nach,
er schien zu leben, was er sagte.
Er schlüpfte in keine Rolle, er verkleidete sich nicht.

Vermutlich darum reagiert er so massiv auf die Pharisäer und Sadduzäer,
auf Menschen, die anderen etwas aufgeben und von ihnen fordern,
was sie selbst nicht einhalten.
„Meint nicht, ihr könntet sagen: Wir haben Abraham zum Vater.“
Nicht die Herkunft, nicht die Vergangenheit spielt eine Rolle,
sondern die Gegenwart.
Irgendwann ist der Zeitpunkt gekommen, wo man sich im Glaubensleben nicht länger auf andere oder irgendwas berufen kann,
sondern nur auf sich selbst.

Ähnlich wie später Jesus sieht Johannes in der geistlichen Elite,
in den Dauerrednern von Gott
eine Front gegen die Botschaft vom Himmelreich.
Ob das auch heute immer noch das Los unserer Kirche ist?
Zu viel reden, zu sehr sich auf eigene Privilegien berufen,
sich von Gott mit Autorität ausgestattet sehen
durch das Amt, durch die Weihe, durch das Studium, durch das Mann sein?
Johannes macht sich selbst nicht wichtig,
er sieht sich nicht als Stellvertreter Jesu,
er steht nicht in der Mitte, er ist kein Vorsteher,
man nennt ihn nicht umsonst Vorläufer.
Er weiß um seine Vorläufigkeit:
Bindet die Menschen nicht an sich, trickst nicht herum,
dass viele ihn loben oder gar auf ihn zählen,
wie toll er alles macht.

Johannes räumt auf. Früchte zählen – sagt er.
Herkunft, Stand und folgerichtig auch das Geschlecht spielen keine Rolle.
Das nahende Himmelreich bevorzugt niemanden.
Das, was im nahenden Himmelreich zählt,
ist die Übereinstimmung zwischen Reden und Tun,
ist das, was Menschen hilft und bestärkt,
an den nahe kommenden Gott zu glauben.

Was hilft mir, an den nahenden Gott zu glauben?
Menschen wie Johannes, die echt sind –
auch wenn man sich an ihnen stoßen kann;
Menschen, die hören so wie die Menschen damals,
die an den Jordan zogen, die sich unterbrechen lassen.
Wie wohltuend, wie stark sind Unterhaltungen,
in denen Menschen wirklich zuhören,
und wo durch das Hören eine verändernde Kraft wirken kann.

Es dringt so viel an unser Ohr,
vielfältig der Ruf nach Umkehr und Veränderung:
Der Ruf der Klimakatastrophe, der Ruf der Ungerechtigkeit.

Wer umkehrt, sieht das nahe Himmelreich.

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