1. 2. Advent C 2021 Lk 3,1-6
    „Warten auf neue Corona-Regeln“
    lautete in dieser Woche eine Überschrift in der Zeitung.
    Was wir „dürfen“ und was wir nicht „dürfen“,
    davon ist schon seit Monaten immer wieder die Rede,
    nicht nur, weil wir verunsichert sind, auch, weil wir nach „oben“ schauen,
    zur Politik, die es regeln soll.
    Ehrlich gesagt finde ich, dass das etwas Unreifes hat,
    als würden wir Menschen darauf warten,
    dass uns von außen etwas verboten oder erlaubt wird.
    Das Lesen von Zahlen,
    das Hören oder Mitbekommen von Krankheitsverläufen,
    die Berichte über mangelnde Intensivplätze
    bewegt offensichtlich immer noch zu viele und vielleicht uns selber auch nicht genügend zum Innehalten.
    Einfacher ist es, wenn andere entscheiden.
    Und wenn andere entscheiden, dann hat man immer auch Verantwortliche, an denen man sich abarbeiten kann –
    und das eigene Handeln folgt nicht inneren Überzeugungen,
    sondern äußeren Verboten oder Erlaubnissen –
    und ich bin jegliche Verantwortung los.
    Kinder handeln so.

Als Johannes in die Gegend am Jordan zog und zur Umkehr rief,
machten sich Menschen aus eigenem Antrieb zu ihm auf.
Sie suchten die Verantwortung für ihr Leben nicht bei anderen,
sie suchten sie bei sich selbst.
Erwachsene Menschen stehen für ihr Tun gerade.
Ihnen ist einsichtig, dass sie etwas ändern müssen,
dass sie sich selbst ändern müssen.

Was bedeutet das für uns als Glaubende?
Von Anfang an sind die biblischen Geschichten davon geprägt,
dass wir Menschen Gottes Ebenbild, Sein Abbild sind;
mitunter wird das sogar ein partnerschaftliches Verhältnis genannt.
Es gibt eben nicht nur das Bild der Kindschaft gegenüber Gott,
es gibt auch das der Ebenbildlichkeit.
Wenn ich mich nicht täusche
hat sich das Bild der Kindschaft mehr eingeprägt,
es ist uns auch mehr eingeprägt worden,
was dann die Kirche als „Mutter“ hervorrief, die zu wissen vorgibt,
was für ihre Kinder das Richtige ist.

In unserer Zeit werden uns vielleicht stärker denn je
die beiden Pole bewusst, zwischen denen wir uns bewegen
und die vielleicht auch in uns selbst lebendig sind:
auf der einen Seite der Ruf nach Entscheidungen und Richtlinien,
so dass ich meine Verantwortung gut an andere abgeben kann.
In gläubiger Perspektive ist das die Bitte an Gott,
er möge eingreifen, er möge verändern, er möge es richten.
Auf der anderen Seite steht die volle Eigenverantwortlichkeit,
die uns auch schwer an der Last falscher Entscheidungen tragen lässt.
Sie liefert den religiösen Hintergrund dafür,
dass Jesus uns immer wieder
die Notwendigkeit der Vergebung und der Vergebungsbitte nahelegt.

Wenn Johannes den Propheten Jesaja zitiert: „Macht gerade seine Straßen“
ist es der Aufruf, die Ärmel hochzukrempeln
und Verantwortung zu übernehmen.
Wir haben das Kommen Gottes nicht in der Hand,
aber wir haben es in der Hand,
wie und unter welchen Umständen Er uns antreffen kann.
Wir können etwas tun und werden in diesem Tun zu Mitarbeitenden Gottes,
wir legen die Kinderschuhe ab.
„Macht gerade seine Straßen“ heißt dann: tu das dir Mögliche.

Zwei Pole einer Ellipse erzeugen die Spannung, in der wir leben:
eigenverantwortliches Handeln
aber auch die Einsicht, nicht alles überblicken zu können.
Und auf unser Glaubensleben hin –
natürlich jenseits aller geschlechtlichen Identität:
Gott ist uns Vater und gleichzeitig sind wir Ihm Partnerinnen und Partner.

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