C 5 2022 Lk 5, 1-11
Du hast etwas, was ich gerade nicht habe.
Du hast genau das, was ich jetzt brauche.
Jesus scheint so zu denken, als Er das Boot des Simon sieht:
Er nutzt es wie eine Kanzel, die Er besteigt, um zu lehren.
Dieser Gedanke fasziniert:
jede und jeder hat etwas, was Jesus gebrauchen kann, was Ihm dient.
Hier ist es das Boot, bei dem anderen ist es ein besonderes Talent,
bei der anderen eine bestimmte Erfahrung,
wieder jemand anderes hat einen großen Tisch,
an dem Menschen zusammenkommen.
Verkündigung knüpft an dem an, was ist, was da ist.
Und wovon viel da ist, das ist Alltag,
der Alltag dieser beiden Fischer zum Beispiel.
Jesus fischt sie bezeichnenderweise
nicht aus der Ihm zuhörenden Menge heraus,
vermutlich haben die Fischer beim Netze waschen gar nicht zuhören können,
Er sieht sie in ihrem Alltagsgeschäft.
Und das nutzt Ihm.

Können wir das eigentlich glauben,
dass wir in unserem Alltag etwas haben, was Jesus gerade nicht hat?
Bevor wir jetzt nach frommen Momenten suchen,
nach Ereignissen, die gelungen und gut sind:
die Netze der Fischer waren leer.
Da war nichts!
Erfolglosigkeit. Müdigkeit. Da ging es ans Eingemachte:
nichts zu essen, kein Verdienst.
Nichts, womit man sich zeigen, geschweige denn glänzen kann.
In dieser erfolglosen Nacht war das Boot völlig umsonst ausgefahren.
Das ist nicht nur Alltag, das ist GRAUER Alltag.

Wir haben einen Sprung gemacht:
zunächst redete Jesus zu der Menge, jetzt redet Er zu einem
und dies offensichtlich in einer Weise,
der sich dieser eine nicht entziehen kann.
„Fahr hinaus, wo es tief ist“: und wir als Zuhörende merken,
dass es hier um Alltagserfahrungen geht:
denn das Leben, der Sinn, das Erfüllende kommt aus der Tiefe.
Das merken wir immer dann,
wenn ein Gespräch plötzlich eine Wende erfährt und an Tiefe gewinnt.
Das merken wir, wenn Menschen den „Gang in die Tiefe“ wagen,
auch dahin, wo Untergang droht, wo es riskant wird,
wie es Menschen in der ARD Doku „Wie Gott uns schuf“ gewagt haben,
nicht wissend, welch eine Strömung sie weg reißen könnte,
ob sie dabei nicht verlieren würden.
Wo Menschen tief in sich hineinblicken lassen,
füllen sich – um im Bild zu bleiben – Netze.
Es wagen Menschen nach einer gescheiterten Ehe, die neu aufbrechen,
sich nicht lähmen lassen und es noch einmal versuchen
mit einer neuen Partnerin, einem neuen Partner.
Solange dieses Evangelium zu lesen und zu hören ist,
solange lebt die Hoffnung, dass das bislang als vergeblich Erfahrene,
als das unerfüllt Zurücklassende nicht das letzte ist
und schon gar nicht das, was Jesus möchte und wozu Er ruft.

Oder anders gesagt: das, was dich erfüllt, was dich und dein Leben nährt,
was du aus der Tiefe nach oben holst,
ist das, was Jesus im Blick hat und was du in den Blick nehmen sollst,
denn nur das überzeugt dich und setzt dich wirklich in Bewegung.
Dennoch bleibst du Alltagsmensch,
und genau dies ist kein Hindernis, sondern zuallererst das, was dich erdet,
nicht in die Knie zwingt, aber dir deutlich macht,
von wem du was zu erwarten hast und von wem nicht,
vor wem du in die Knie gehst und vor wem nicht.
Nur der verdient es, der wirklich dein Leben reich macht,
der dich nimmt, wie du bist;
der an keiner Stelle erwartet, dass Simon seine Frau aufgibt
oder seine Fischerei an den Nagel hängt.

„Sie verließen alles und folgten Jesus“ bedeutet nicht,
alles stehen und liegen zu lassen;
es ist vielmehr etwas, das sich im Herzen abspielt,
ob wir mit dem Herzen bereit sind, zu unbekannten Ufern aufzubrechen;
ob wir unsere eigenen Erfahrungen von Leere und Erfüllung
nicht nur mit Jesus in Verbindung bringen,
sondern sie auch sprechen, wirken lassen,
auf dass auch andere sich davon angesprochen fühlen.
Denn das große Ziel, das Jesus vor Augen hat, kennen wir ja schon:
die Gemeinschaft von Menschen, in der die eine den anderen reich macht,
in der das Teilen dieser Reichtümer
das Gottesreich Wirklichkeit werden lässt.

Auch das Boot, das gerade nichts gebracht hat,
mit dem man umsonst losgefahren ist,
wird Jesus und Sein Wort groß machen können.

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