4. Ostersonntag C Joh 10, 27-30
Meine Schafe hören auf meine Stimme.
Stimme und Stimmung gehören zusammen.
Wir können in unsere Stimme ganz viel hinein legen.
Sie kann ängstlich klingen oder fest,
laut und leise, flüsternd und schreiend,
Hilfe rufend und besänftigend, liebevoll und zornig.
Manche Stimmen empfinden wir als angenehm,
manche als unangenehm.

Interessanterweise sagt Jesus hier nicht:
Meine Schafe hören auf meine Worte, sondern: Sie hören auf meine Stimme.
Die Stimme ist mehr als einzelne Worte.
Wer auf die Stimme eines Menschen hört, der hängt an der Person,
der hängt an dem sprechenden Menschen,
der sieht jemanden reden und ist gegenwärtig im Augenblick.
Wer gesprochenen Worten folgt, kann die Person aus dem Blick verlieren
und ihr Anliegen nicht weniger und hält an einmal Gesprochenem fest.

Wie ist das mit der Stimme Jesu, geschweige denn mit der Stimme Gottes?
Ich finde das gar nicht so einfach.
Denn alles, was wir von Gott, von Jesus hören,
ist durch andere Menschen hindurch gegangen.
Sie haben erzählt, sie haben aufgeschrieben,
was sie meinen, gehört zu haben.
Darum gibt es gleich 4 sogenannte Evangelisten,
die von Jesus berichten – und dies mitunter sehr unterschiedlich.
Und würden wir uns jetzt hier erzählen,
was Gott uns sagt, was Er uns bedeutet,
wie wir Ihn erfahren oder eben auch nicht erfahren,
es kämen die unterschiedlichsten Geschichten dabei heraus.
Und keine einzige Geschichte berechtigte dazu zu sagen:
nur so ist Gott.

Aber die vielen Geschichten, die vielen Erzählungen bereichern,
sie weiten unseren Horizont, sie geben eine Ahnung von der Größe Gottes,
der mit jedem Menschen ganz persönlich unterwegs ist.

Eine Stimme ist mehr als die Summe aller Worte.
Worte sind immer in die jeweilige Zeit gesprochen, sie sind zeitbedingt.
Das finden wir auch im heutigen Evangelium.
Meine Schafe hören auf meine Stimme:
Als „Schafe“ verstehen wir uns alle vermutlich nicht.
Unsere Sprache ist eine andere,
unser Leben heute lässt sich kaum vergleichen
mit dem Leben der Menschen zur Zeit Jesu.
Denn dazwischen liegen 2000 Jahre.
Darum ist natürlich davon auszugehen,
dass Jesus heute anders sprechen würde als damals,
mit derselben Stimme andere Worte finden,
andere Geschichten erzählen würde als die, die uns geläufig sind.
Und Er muss nicht zwingend Zimmermann sein,
nicht das Kreuz wäre in unserer Zeit Sein Tod,
nicht nur Männer wären Apostel
und vielleicht würde SIE uns heute auch als Tochter Gottes begegnen –
warum denn nicht?

Die Stimme ist entscheidend; wer spricht, hat das Wort.
Wir können alle gesprochenen Worte eines Menschen vergessen
oder nicht mehr im Ohr haben, aber dennoch seiner Stimme folgen,
indem wir uns fragen: was wäre heute sein Wort,
in dieser Zeit, unter diesen Bedingungen, in diesen Kontexten?

Was wäre heute das Wort,
das Du mit der Stimme Jesu in Verbindung bringst?

 

Pin It on Pinterest

Share This