3. Advent A 2022 Mt 11,2-11
Johannes fragt. Bis zum Schluss. Und gerade am Schluss,
im Gefängnis, den Tod vor Augen.
Wir hören nichts mehr von der starken Rede am Jordan,
wir hören Anfrage, Nachfrage: Bist du der, der kommen soll?
Es ist die Frage nach Jesus, aber auch die Frage seines eigenen Lebens:
Habe ich auf die richtige Karte gesetzt?
Fragen, die sich besonders in entscheidenden Zeiten stellen:
War es richtig, was ich getan, wie ich gelebt habe
oder war alles umsonst?

Wer fragt, sieht sich als nicht fertig an;
wer fragt, sieht im eigenen Leben noch genug offen und unklar.
Der Täufer gesteht sich und anderen das ein, dass er unsicher ist.
Der große Prediger am Jordan lässt es hier zu,
dass man in ihm den Fragenden entdeckt.
Er hört von Jesus – und vielleicht ist das, was er hört,
anders als er sich Jesus gedacht hat, so dass er zweifelt
und aus dem Gehörten Unsicherheit entsteht:
Ist der, von dem er hört, der, den er verkündigt hat?
Passt das zusammen: Die eigene Vorstellung und die Realität?
Das ist die Grundsatzfrage eines jeden glaubenden Menschen:
Ist Gott so, wie ich ihn mir denke, wie ich an ihn glaube?
Und wie gehe ich damit um,
wenn Er mir in der Wirklichkeit ganz anders erscheint,
wenn mein langjähriges Bild von Ihm Risse bekommt
oder sogar auseinander bricht?

Johannes lernt dazu, denn die Antwort, die ihm überbracht werden soll,
erwähnt keine „Axt an den Wurzeln der Bäume“,
stattdessen benennt sie Heilungsgeschichten
und die Adresse des Evangeliums: Die Armen.
Johannes hört kein Ja oder Nein – er soll sich selbst ein Bild machen
und Jesus bietet ihm an,
Johannes möge sich doch an den Früchten des Tuns Jesu orientieren:
Wo etwas im Leben heilt, zeigt sich das Heil.
Wir wissen nicht, wie er diese Antwort aufgenommen
ob sie ihn überhaupt erreicht hat.
Wir wissen nur, dass Johannes den ihm möglichen direkten Weg sucht,
um seine Frage zu klären.

Wer fragt, ist nicht klein.
Jesus bezeichnet Johannes in den darauffolgenden Worten
als den Größten, den je eine Frau geboren hat.
Er ist keineswegs wankelmütig, kein Schilfrohr, das im Wind schwankt.
Seine Unangepasstheit zeichnet ihn aus;
dass er nicht vom hohen Ross sprach, nicht in feiner Kleidung auftrat,
Johannes war nicht käuflich.
Er hatte es nicht nötig, sich bei den Menschen beliebt zu machen
oder sie mit irgendetwas zu beeindrucken,
was immer noch Menschen beeindruckt, nämlich Geld und Kleidung –
nicht umsonst ist das Sprichwort noch nicht überholt:
Kleider machen Leute.

Jesus nennt ihn einen Propheten, mehr als einen Propheten:
Er sieht ihn als Boten, als Wegbahner.
Wenn nicht schon längst kommen wir spätestens jetzt ins Spiel
mit der Frage, wie wir uns verstehen, als Kirche, als Glaubende, als Christen:
Wem bahnen wir in unserem Alltag einen Weg?
Sind wir so, dass Jesus durch uns einen Zugang zu Menschen bekommt?
Machen wir auf Christus aufmerksam,
oder hängen wir fest im Verteidigen von Kirche und Tradition,
von eigenen Gewohnheiten und Bräuchen?
Wegbahnende wie Johannes sind von Zweifeln nicht befreit,
sie sind nicht befreit davon, sich selbst korrigieren zu lassen
auch in dem, was sie wortgewaltig und lautstark verkündigt haben.

Das wäre Kirche, das wären Christen: Menschen, die Zweifel zulassen,
die direkt nachfragen, die Christus selbst zu Wort kommen lassen,
die sich von Ihm etwas sagen, letztlich auf die Früchte allen Tuns
hinweisen lassen.
Wo Leben heil wird, kann Gott nur nahe sein.

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