B 11 2021 Mk 4, 26-34
Dann schläft er und steht wieder auf,
es wird Nacht und wird Tag.
Man fühlt sich erinnert an den Schöpfungsbericht:
Es wurde Abend und es wurde Morgen: erster Tag – heißt es da.
Schöpfung beginnt im Verborgenen, im Dunklen:
der Tag beginnt mit der Nacht.
Wenn es hell wird, ist längst schon alles da;
wenn die Pflanze sichtbar wird, ist längst schon gesät zuvor.
Beginn ist nicht, wenn etwas sichtbar wird;
Beginn ist, wenn das Sichtbare ermöglicht wird.
Schöpfung lebt vom Wechsel, von der Polarität:
Finsternis und Licht, Meer und Land, Abend und Morgen,
weiblich und männlich.
Es wird, indem Gott scheidet:
das Licht von der Finsternis, den Himmel von der Erde.
Das wirre und wüste, das Chaos
wird durch das Wort Gottes zum Kosmos.
Der Sämann im Evangelium kennt etwas von der Schöpfungsordnung:
er weiß um die Zeit, die alles braucht;
er weiß, dass – wie es in einem afrikanischen Sprichwort heißt –
das Gras nicht schneller wächst, wenn man an seinen Halmen zieht;
er weiß, dass es nach dem Säen Ruhe braucht.
Was er losgelassen hat, das Saatgut, ist nun sich selbst überlassen.
Im Säen hat der den Anstoß gegeben, den Beginn gemacht,
würde er jetzt ständig nachschauen, ob die Saat aufgeht,
wäre ihr Wachsen gestört.
Jesus sagt: so ist es mit dem Reich Gottes.
Es fällt nicht fertig und wie gemacht vom Himmel;
im Gegenteil: es hat mit dem Acker zu tun, mit der Erde, dem Boden,
dem Bodenständigen.
Dort ist es verankert, verwurzelt.
Ganz viel Zeit ist dabei, in der man nichts machen kann.
Säen und Ernten sind wichtig und brauchen den richtigen Zeitpunkt,
die Zeit dazwischen braucht nicht nur kein Zutun,
sie läuft nach eigenen Gesetzmäßigkeiten ab,
die wir nicht in der Hand haben,
von denen der Sämann im Evangelium auch nichts weiß.
Alles braucht die ruhige Zeit der Entwicklung,
des ungestörten Wachsens.
Ein erzwungenes Reich Gottes mit Gewalt, mit Waffen,
mit dem Einreden von Schuldgefühlen, mit Angstmacherei
hat keinen Bestand, obwohl man es so versucht hat.
Wir sind nicht Erfinder oder Macherinnen des Wachstums,
wir sind Zuschauende.
Wir ahnen, wir wissen: wo das Wachsen keine Zeit hat,
wo es immer schneller gehen, immer effizienter sein muss,
da brennen Böden und Menschen aus,
da kippt das Klima und das Leben.
Es braucht das rechte Maß zwischen Tag und Nacht,
Wirken und Warten, Schaffen und Schlafen.
Der Sämann weiß, wann die Zeit zum Säen da ist.
Wer Worte wie Saat ausstreuen möchte,
muss ein Gefühl für den rechen Augenblick haben,
muss spüren, wann ein Wort aufgenommen werden kann.
Entscheidend ist das Hinschauen.
Glauben lebt vom Hinschauen, vom Wahrnehmen, wann was dran ist.
Jesus glauben wir so unterwegs:
immer anknüpfend an die Menschen, die Ihm begegnen,
nicht von oben herab auf sie zugehend,
sondern davon ausgehend,
was sie zu welcher Zeit aufnehmen und annehmen können,
damit es gut wachsen kann.
Alles hat, alles braucht seine Zeit.