C 33 2022 Lk 21, 5-19
Eine Rede vom Ende – oder von dem, was sich wie ein Ende anfühlt.
Für die einen, denen es gut geht, die sich eingerichtet haben,
eine Hiobsbotschaft: Das Gewohnte und Bewohnte geht verloren;
für die anderen, denen es nicht gut geht, die leiden, eine Erlösung,
eine Befreiung: Auch der Schmerz ist begrenzt.

Die Rede beginnt mit dem Schönen:
Schön bearbeitete Steine und Weihegeschenke des Tempels,
Kunst von Menschen, Errungenschaften, beeindruckende Häuser,
wohl zur Ehre Gottes aber auch zum Stolz der Menschen –
wer will das trennen…
Nicht nur diese sichtbaren Häuser, die Tempel, die Kirchengebäude
haben ihre begrenzte Zeit,
auch das in ihnen Gelebte und Erlebte ändert sich – und Ändern heißt:
Bestimmte Formen, Worte, Lieder, Gebete passen nicht mehr,
ebenso wenig Weisen des Glaubenslebens und Glaubenfeierns,
selbst der Katechismus ist nicht in Stein gemeißelt
und das Verständnis der Bibel auch nicht.
Alles ist im Fluss – und manchmal ist der Fluss stark und reißt weg.
Und je mehr das Herz von Menschen daran hängt,
umso größer ist der Schmerz.
Denn es stirbt ja nicht nur äußerlich etwas, es stirbt auch in uns.
Wo hat Trauer nicht nur über den Tod von Menschen,
sondern die Trauer über das Ende von lieb Gewordenem,
von Bestärkendem, von Halt und Heimat Gebenden Raum?
Zumal Ende nicht automatisch nach Neuanfang riecht,
zumal Trauer nicht sogleich Trost erkennen kann,
zumal wir in Unsicherheiten uns eher das Alte zurückwünschen,
das wir kennen, als eine Leere auszuhalten,
bevor sich möglicherweise etwas Neues ankündigt.

Irgendwie ist diese Rede Jesu knallhart.
„Viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin es…
Lauft ihnen nicht nach.“
Gerade Zeiten von Unsicherheit, Orientierungslosigkeit und Not
machen Menschen verführbar für einfache Antworten
und schnelle Lösungen, für Heilsversprechungen.
Du musst nur dieses Gebet sprechen, nur dieses Gelübde erfüllen,
du musst nur dieser Konfession angehören,
du musst nur das befolgen, was ich dir sage,
hier findest du Rettung…
Sind nicht genau diese Verhaltensweisen wie der Bau neuer Tempel,
in denen man sagt: Die Zeit ist da. Hier bist du richtig?
Ich habe genau das für dich, was du brauchst?
Mein Angebot ist auf dich zugeschnitten?
Ist es nicht letztlich auch der Versuch, Gott „verfügbar“ zu machen,
wie ein Medikament zu verabreichen?
Nimm nur dies – und alles wird gut?

Diese Jesus Worte nehmen uns die Steine aus der Hand.
Sie sind realistisch, denn sie besagen:
Es gibt keine Sicherheiten. In jeder Sekunde kann sich alles ändern.
Davor bewahrt dich kein Glaube, keine Kirche, kein Gebet.
Eine Krankheit, eine Katastrophe, ein plötzlicher Tod –
wie oft sind schon Welten untergegangen und werden untergehen.
Immer wieder stoßen wir an Grenzen, erleiden Niedergänge –
und auch wenn wir sie „Zeitenwende“ nennen,
so sehen wir doch nur das, was nicht mehr ist, was nicht mehr geht
und weniger das, was vielleicht einmal gehen wird.

Wem ist dieses Evangelium wirklich Evangelium, gute Nachricht?
Allen, die an ihrem Leben, an der Welt leiden, die keine Perspektive haben,
die belastet sind bis zum geht nicht mehr.
In ihren Ohren ist es Verheißung, das Ende die Erlösung.
Für sie ist es geschrieben, das Evangelium,
für sie lohnt es sich, für die, deren Leben Nacht ist.
Es wird nicht zu viel versprochen, kein Schmerz wird beseitigt,
Aber eine Zusage: Gott bewahrt im Schweren –
vielleicht würden wir heute eher sagen:
Du bist mit allem in Gott bewahrt.

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