B 29 2022 Mk 10,35-45
Dem muss ja etwas vorausgegangen sein,
dass Jakobus und Johannes Jesus um die besten Plätze bitten.
Und das ist es auch:
neben Petrus nahm Jesus diese beiden mit auf den Berg der Verklärung.
Leitet sich daraus ein „Anspruchsdenken“ ab?
Weckt es die Erwartung, etwas Besonders zu sein,
zu besonderen Ehren zu kommen?
Bei Jakobus und Johannes scheint es der Fall zu sein.
Sie nehmen an, dass sich ihre Vertrautheit mit Jesus auszahlt,
ihnen auf Dauer Ansehen und Ehre bringt.
Und sie wollen es gern schwarz auf weiss haben.

Ist das eigentlich bei uns anders?
Sicher können wir bescheiden sagen:
wir müssen nicht rechts und links in der Herrlichkeit neben Jesus sitzen,
aber ein Platz an Seiner Tafel wäre schon schön
und ist das, was wir uns erhoffen.
Es kann doch nicht ohne Folgen bleiben,
wenn wir beten, Worte Jesu an uns heranlassen,
als Christen zu leben versuchen: es muss doch etwas bringen.

„Dafür bin ich nicht zuständig“ antwortet Jesus.
Das ist nicht mein Thema.
Aus bestimmten Konstellationen zu Lebzeiten
lassen sich keine Aussagen für die Ewigkeit treffen.
Von Jesus gerufen, berufen und mitgenommen sein
zieht nicht den Automatismus besonderer Ehren in der Ewigkeit nach sich.
Es scheint Ihn auch nicht zu interessieren,
denn hinter dem Ansinnen der beiden Jünger
wie hinter unseren eigenen Ansinnen steckt die Haltung:
das, was ich tue, muss sich auszahlen und lohnen.
Für die Arbeit mag das gelten, für den Glauben auch?
Würden wir die Werte, die wir oftmals gern christliche Werte nennen,
über Bord werfen,
brächten wir sie nicht mit dem ewigen Leben in Verbindung?
Hätten und haben unsere Werte und Haltungen in sich Grund und Bestand,
oder sind sie eher das in Kauf genommene Mittel zum Zweck?
Wenn ich anderen gut bin, dann weil sie es brauchen
und es mir wirklich um die anderen geht –
oder hab ich dabei ein angenommenes Guthabenkonto für mich im Blick?

Jakobus und Johannes helfen mit ihrer Frage zu klären,
was es für uns bedeutet, mit Jesus unterwegs zu sein.
Deswegen besteht auch kein Grund bei den anderen zehn Jüngern,
sich über diese beiden zu erheben.
Tragen sie nicht ähnliche Fragen in sich?
Haben sie wirklich einen Grund, eine Berechtigung,
sich von den beiden Jüngern abzugrenzen – sich besser darzustellen:
nach dem Motto: wie kann man nur so dreist sein, so etwas zu fragen,
aber die Antwort hätten wir auch gern gehört?

Die sich anschließenden Jesus Worte jedenfalls sind eine deutliche Ansage:
Mit Jesus groß raus kommen
ist etwas völlig anderes als herrscherliche Macht.
Mit Jesus groß raus kommen
bedeutet keinen Unterschied zwischen ersten und letzten Plätzen;
es bedeutet das Ende davon,
dass Menschen ihre Macht gegeneinander gebrauchen,
sich gegenseitig ausspielen, übereinander erheben oder erhoben wissen.
Mit Jesus groß rauskommen geht nur im grenzenlosen Miteinander,
in dem keiner besser oder schlechter ist,
mehr oder weniger erwählt und gerufen erscheint.

Und so verweist Jesus mit dem Menschensohn auf sich selbst:
sein Leben als Lösegeld geben bedeutet,
dass Menschen mit dem, was sie haben,
eintreten für das, was anderen fehlt.
Das soll die Frage sein, die Menschen in Seiner Nachfolge leitet,
nicht die herausragenden Plätze…

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