B 16 2021, Mk 6,30-34
Menschen können nicht nur geben.
Wir brauchen den Wechsel von Schaffen und Schlafen,
von Tätigkeit und Träumen, von Arbeiten und Ausruhen.
Wer nur gibt, verausgabt sich –
wer nur nimmt, vereinnahmt.
Das erste, was uns dieses Evangelium sagt:
Jesus ist im Verhältnis zu Seinen Jüngerinnen und Jüngern,
ist im Verhältnis zu den Ihm Nachfolgenden
nicht wie einer, der nur fordert und herausholt.
Angesichts aller Not, die Er sieht,
angesichts aller Aufgaben, die Er auf sich und die Jüngerinnen und Jünger zukommen sieht,
lädt Er ein, Balance zu halten,
Zeiten des Abstands zu finden und zu nehmen:
Haushalten mit den eigenen Kräften, Grenzen akzeptieren,
das eigene Gleichgewicht finden,
merken, wann ein Rückzug nötig ist,
um hernach wieder neu und erneuert da sein zu können.
Es gilt nicht nur das Gesetz des möglichst produktiven Wirkens,
des „je mehr, je besser“.
Wäre dies der Maßstab, nie wäre Er mit den Aposteln ins Boot gestiegen,
das offensichtlich viel langsamer unterwegs ist
als die vielen zu Fuß unterwegs sind, die noch vor dem Boot
in der einsamen Gegend ankommen.
Das zweite, was dieses Evangelium sagt: Übergänge brauchen Zeit:
nur wer empfängt, kann auch geben.
Auch der größten Herausforderung begegnet nur,
wer Kräfte sammeln konnte, wer sich immer neu verortet.
Zeit schenken kann nur, wer Zeit hat.
Dennoch bleibt die Zielrichtung des Evangeliums, des Wirkens Jesu klar:
es sind die Menschen, die Orientierung brauchen,
die Mühseligen, die Beladenen.
Die Erholung im Boot ist kein Privileg für die Apostel,
Jesus sieht sich nicht nur zu denjenigen gesandt,
die meinen, mit Ihm in einem Boot zu sitzen,
Er ist kein Privatlehrer, bevorzugt niemanden, es gibt keine Sonderrechte.
Seine Zuwendung gilt ausnahmslos jeder und jedem.
Eine Botschaft, von Anfang an ins Stammbuch der Kirche geschrieben,
ist das Dritte, was uns dieses Evangelium mitteilt:
selbst wenn es so etwas wie eine Vertrautheit mit Jesus geben sollte,
darf diese nie auf Kosten anderer missbraucht werden.
Es gibt keinen Kirchen-Jesus und auch keinen Christen-Jesus;
es gibt den, der zu den Mühseligen und Bedürftigen gekommen ist,
nicht den, der eine Religionsgemeinschaft
in Abgrenzung zu anderen Gemeinschaften gegründet hätte.
Jesus ist nicht Besitz einzelner Menschen
und auch nicht Besitz einer bestimmten Kirche,
Er lässt sich nicht vereinnahmen,
und der Kreis um Ihn herum erfüllt keinen Selbstzweck.
Was auffällt an diesem Evangelium ist, was nicht gesagt wird.
Wir hören weder, was die Apostel Jesus berichten,
als sie zu Ihm zurückkehren,
noch hören wir, was Jesus die Versammelten lehrt.
Vielleicht ist das eine Aufforderung, eine Einladung an uns heute,
sich zu fragen,
was ist es, was wir mit den Aposteln
Jesus zu berichten hätten von unserem Tun, von dem, was uns erschöpft;
und was ist es, was uns mit den Menschen eilen lässt,
welche Not treibt uns zu Jesus,
welch ein Wort von Ihm wäre mir ein Zuspruch,
eine Kraftquelle, ein Segen?